26.01.2015
An der Entstehung einer Depression sind im Gehirn das Noradrenalin-, das Serotonin- und das Dopamin-System beteiligt. „Welches dieser drei Systeme ein Antidepressivum beeinflusst, spielt für dessen Wirkung aber keine Rolle“, sagte der Apotheker und Pharmakologe Dr. Walter Müller beim pharmacon-Kongress in Schladming. Die Wahl des passenden Mittels richtet sich daher nach seinen Nebenwirkungen.
Die Neurotransmitter Noradrenalin, Serotonin und Dopamin regulierten überlappend viele Hirnregionen, beeinflussten sich dabei gegenseitig und seien miteinander verschaltet, so Müller. Wenn das Antidepressivum in einem System eingreife, werde ein anderes daher automatisch mit beeinflusst. Wie genau das Antidepressivum letztlich wirke, sei für den antidepressiven Effekt aber nicht wichtig. Entscheidender sei die Wahrscheinlichkeit der Mittel bestimmte Nebenwirkungen zu verursachen. Das könne man sich zunutze machen, etwa indem man Patienten mit ausgeprägten Schlafstörungen mit dem beruhigenden Mirtazapin und Patienten mit neuropathischen Schmerzen mit dem schmerzlindernden Venlafaxin beziehungsweise Duloxetin behandle.
„Die Wirkung der Antidepressiva ist gut belegt, aber sie setzt nicht sofort ein“, sagte Müller. Wie sie genau zustande komme, sei nach wie vor unklar. Der Einfluss auf das oder die jeweilige(n) Neurotransmitter-System(e) sei sehr schnell zu messen. „Doch zwischen diesem Effekt und dem Einsetzen der Wirkung liegt eine Black Box“, so der Pharmakologe. Eine Erhöhung der sogenannten Neuroplastizität des Gehirns nannte Müller als die derzeit plausibelste Begründung für die Wirkung. Unter Neuroplastizität versteht man die Fähigkeit von Hirnzellen und -arealen sich in Abhängigkeit von der Verwendung in ihren Eigenschaften zu verändern.
AM/PZ