27.06.2018
Die Forscher konnten bei den knapp 600 untersuchten Personen nachweisen, dass die Gesamtsterblichkeit und der geistige Abfall höher waren, je tiefer der Blutdruck durch Medikamente gesenkt wurde. Dieser Zusammenhang bestand nur bei Menschen, die Blutdrucksenker einnahmen, und besonders bei denjenigen, die sehr gebrechlich waren. Die Studie wurde im Journal „Age and Ageing“ publiziert.
„Je tiefer je besser“ - diese Empfehlung für den Blutdruck trifft auf sehr viele Menschen zu, wie Studien bereits belegt haben. Doch diese Studien hätten auch einen Haken, meint PD Sven Streit vom Institut für Hausarztmedizin der Universität Bern: „Solche Studien schließen sehr alte und gebrechliche Menschen mit mehreren Krankheiten und mehreren Medikamenten aus. Damit sind die Resultate auch der besten Studien nur bedingt auf alle alte Menschen übertragbar.“ Hausärzte hätten es aber mit dem ganzen Spektrum von sehr alten Menschen zu tun, also auch solchen, die von klinischen Studien ausgeschlossen werden. Die nun untersuchte Patientengruppe schloss alle Bewohner der Stadt Leiden in den Niederlanden ab 85 Jahren ein. Damit wurden auch Patienten erfasst, die an einer Demenz leiden, im Pflegeheim wohnen oder sonst gebrechlich sind.
Die Wissenschaftler bestätigten mit dieser Studie, was frühere Beobachtungsstudien bereits vermuten ließen. „Bei Hausärzten setzte sich bereits im Vorfeld immer mehr die Überzeugung durch, speziell bei gebrechlichen Patienten eine zusätzliche blutdrucksenkende Therapie nur nach individueller Abschätzung von Nutzen und Risiko zu empfehlen“, sagt Streit. Wer Blutdrucksenker vom Arzt verordnet bekommen hat, sollte diese aus Angst vor Nebenwirkungen jedoch nicht einfach absetzen. Zu hohen Blutdruck medikamentös zu senken, hilft nach wie vor den allermeisten Menschen und rettet Leben. In einem ausführlichen Gespräch kann der betreuende Arzt mögliche Risiken den Nutzen von Blutdrucksenkern gegenüberstellen.
NK