Natascha Koch
|
03.12.2020
Die Zahl der von Cybermobbing betroffenen Kinder und Jugendlichen zwischen 8 und 21 Jahren ist seit 2017 um 36 Prozent gestiegen: von 12,7 Prozent auf 17,3 Prozent im Jahr 2020. In absoluten Zahlen sind das fast zwei Millionen Kinder und Jugendliche. Das zeigt eine aktuelle Studie im Auftrag der Techniker Krankenkasse, für die zwischen Februar und November 2020 mehr als 6.000 Eltern, Lehrkräfte und Schüler zum Thema Mobbing und Cybermobbing befragt wurden. „Es zeigt sich ganz deutlich, dass heute gezielter und härter gemobbt wird, als noch vor drei Jahren, “ sagt Uwe Leest, Vorstandsvorsitzender des Bündnisses gegen Cybermobbing. Als Tatmotive werden vor allem „weil es die Personen verdient haben“ und „weil ich Ärger mit der Person hatte“, genannt.
Suizidgedanken sind nicht selten
Nach Aussage der Eltern ist schon jeder zehnte Grundschüler einmal Opfer von Cybermobbing gewesen. In der Schülerbefragung gab in der Altersgruppe der 13- bis 17-Jährigen sogar jeder Vierte an (25 Prozent), schon mal Mobbing über die sozialen Medien und das Internet erlebt zu haben. Teilweise mit schweren Folgen. Die Opfer fühlten sich vor allem verletzt (61 Prozent), mehr als die Hälfte (53 Prozent) reagierte mit Wut. Besonders alarmierend: Jeder Fünfte hat aus Verzweiflung schon mal zu Alkohol oder Tabletten gegriffen und fast jeder vierte Betroffene äußerte Suizidgedanken.
Die Umstellung des Schulbetriebs auf Fernunterricht und Kontaktbeschränkungen in Folge der Covid-19-Pandemie habe die Situation Leest zufolge noch verschlimmert, weil Jugendliche das Internet jetzt intensiver nutzen und sich ihre sozialen Kontakte weiter in die sozialen Medien verlagert haben. „Die Zahlen zeigen uns auch, dass sich das gelernte negative Verhalten der Jugendlichen nicht verändert hat, weil es nicht sanktioniert wurde. Die Täter kommen fast immer ungestraft davon. In vielen Fällen ist vor allem die Anonymität im Netz das Problem“, sagt Leest.
Cybermobbing aktiv vorbeugen
Das Bündnis gegen Cybermobbing gibt folgende Empfehlungen, um dem wachsenden Problem zu begegnen:
- Die bisherige Präventionsarbeit sollte verstärkt werden und bereits an den Grundschulen beginnen. Kinder müssten den "sozialen Umgang im Internet" lernen, so Leest. Auch Lehrer bräuchten bessere Fortbildungen auf diesem Gebiet. Wenn notwendig, sollte man auch Experten von außen in die Schulen holen.
- Eltern sollten sich intensiver mit den Inhalten und Funktionsweisen der Sozialen Medien auseinandersetzen. Hier seien Kommunen, soziale Träger und Schulen gefragt, Eltern mit konkreten Angeboten zu unterstützen.
- Wünschenswert wären Mobbingberatungsstellen sowie anonyme Hotlines, an die sich Hilfesuchende wenden können.
- Auch die Politik sei gefragt, ihrer Verantwortung nachzukommen: Zum Schutz der Opfer fordert das Bündnis ein (Cyber-)Mobbinggesetz, durch das ein solches Verhalten künftig konsequenter bestraft werden kann.