02.02.2012
Eine Speisekarte kann man auf unterschiedliche Weise lesen: wie ein Buch von Anfang bis Ende, oder aber man springt mit dem Blick mal hierhin mal dorthin, um sich vom Angebot inspirieren zu lassen. Aufgrund der Annahme, dass die meisten Gäste eher den zweiten Blickwinkel wählen, definieren Restaurantbesitzer als sogenannte "Sweet Spots" die Bereiche, auf denen der Blick des Gastes am längsten verweilen würde. Hier platzieren sie die Angebote, die sie am häufigsten verkaufen wollen. Diese Sweet Spots befinden sich nach Ansicht der meisten Experten auf der rechten Seite der Karte im oberen Drittel. Die Angebote werden hier meist noch durch farbige Kästen oder Texte hervorgehoben, um den Blick des Gastes einzufangen.
Die Wissenschaftler aus San Francisco haben nun herausgefunden, dass diese weit verbreitete Annahme falsch ist. Diese Erkenntnis ziehen sie aus Untersuchungen mit Freiwilligen, die beim Betrachten einer Speisekarte eine Brille trugen, die die Blickrichtung und die Augenbewegungen erfasste. Dabei konnten die Forscher jedoch keine Bereiche in den Speisekarten ausmachen, die die Blicke der Testpersonen besonders anzogen. Die meisten Restaurantgäste würden die Karte eben doch wie ein Buch links oben nach rechts unten in der vorgegebenen Reihenfolge betrachten.
Die gute Nachricht für die Restaurants: Die Gäste lesen die Speisekarte ausführlich und konzentriert. Das unterscheidet sie auch von Menschen, die in anderem Zusammenhang lesen: etwa beim Betrachten einer Website, eines Lehrbuches oder einer Illustrierten. Hier gibt es die Sweet Spots durchaus. Allerdings wollen die Leser einer Website oder eines Lehrbuches auch in kurzer Zeit die maximale Information aus dem Inhalt ziehen, ohne dass sie – wie etwa Restaurantbesucher – bereit sind, wirklich die gesamten Texte von Anfang bis Ende zu lesen. Offensichtlich habe die Gastronomie zu lange auf ein Gerücht gesetzt, dass sich aufgrund fehlender Untersuchungen zum Thema standhaft gehalten habe, meinen die Experten.
KK