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22.07.2022
Menschen mit Diabetes, deren Bauchspeicheldrüse kein oder zu wenig Insulin produziert, müssen regelmäßig Insulin spritzen. Dies birgt bei falscher Dosierung jedoch Risiken, beispielsweise eine lebensbedrohliche Unterzuckerung (Hypoglykämie) oder Fettstoffwechselstörungen. Hier setzen Forscher mit dem Protein S100A9 an, das sie vor einigen Jahren entdeckt haben: S100A9 reguliert den Blutzucker, die Blutfette und Ketonkörper, ohne die für Insulin typischen Nebenwirkungen zu haben. Ketonkörper sind Produkte des Fettstoffwechsels, die gebildet werden, wenn der Körper z. B. aufgrund von Insulinmangel nicht genug Glukose zur Verfügung hat. Sie können zu gefährlichen Stoffwechselentgleisungen mit einer Übersäuerung des Organismus führen.
In Tierversuchen fand das Forschungsteam heraus, dass S100A9 in der Leber einen Rezeptor aktiviert und dadurch die Produktion von Ketonkörpern steuert. „Aber dieser Aktivierungsprozess löst keine Entzündung aus, obwohl der Rezeptor normalerweise entzündungsfördernd ist. S100A9 scheint daher wie ein völlig unerwartetes entzündungshemmendes Medikament zu wirken“, erklärte Dr. Gloria Ursino von der Universität Genf.
Im Blut von Diabetikern, die mit schwerem Insulinmangel in die Notaufnahme kamen, fanden die Wissenschaftler nur einen leichten Anstieg von S100A9. Das lässt darauf hoffen, dass die Bildung der Ketonkörper über eine zusätzliche Gabe von S100A9 in den Griff zu bekommen ist.
Prof. Roberto Coppari, der die Studie leitete, hat große Erwartungen: „Wir schlagen eine radikal andere Strategie der Diabetes-Behandlung vor, mit einem Medikament, das unabhängig von Insulin wirkt und weder Hypoglykämien auslösen noch den Fettstoffwechsel stören kann.“ Die Wissenschaftler planen, ihr Medikament zunächst in Verbindung mit niedrigen Insulindosen zu testen. Sie hoffen jedoch, dass S100A9 unter bestimmten Bedingungen auch allein für die Behandlung ausreicht.
Quelle: DOI 10.1038/s41467-022-31803-5