27.02.2018
Wer schon einmal eine Grippe hatte, weiß, wie sehr das Denkvermögen im akuten Stadium leidet. Doch das Gehirn könnte auch lange nach einer Infektion noch beeinträchtigt sein. Darauf deutet eine Studie mit Mäusen der Technischen Universität (TU) Braunschweig hin, die im Fachmagazin Journal of Neuroscience veröffentlicht ist. Beteiligt waren auch das Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig und die Tierärztliche Hochschule Hannover.
Um mehr über mögliche Langzeitfolgen für das Gehirn herauszufinden, haben die Forscher das Lern- und Erinnerungsvermögen sowie die Gehirnstrukturen von Mäusen untersucht, die zuvor mit verschiedenen Influenza-A-Virentypen infiziert worden waren: mit dem H1N1-Erreger, ähnlich dem Verursacher der Spanischen Grippe vor 100 Jahren, dem H3N2-Virus, Auslöser der Hongkonggrippe 1968, und der Subtyp H7N7, der zurzeit vor allem Vögel gefährdet aber als möglicher Ausgangserreger für eine Pandemie gilt. Die Testmäuse zeigten noch 30 Tage nach Infektionen mit H7N7- und H3N2-Viren Einschränkungen bei Lern- und Gedächtnisaufgaben sowie strukturelle Veränderungen an Nervenzellen Gehirn. Erst nach 120 Tagen waren keine Veränderungen mehr messbar. „Auf die Lebenserwartung eines Menschen hochgerechnet, würde der Erholungsprozess einige Jahre dauern“, sagt Forschern Dr. Kristin Michaelsen-Preusse. Besonders erstaunt waren die Forscherinnen und Forscher darüber, dass auch der Stamm H3N2 Nachwirkungen hatte, obwohl er gar nicht im Gehirn aktiv ist. Der H1N1 Virus dagegen, ebenfalls nicht gehirngängig, hatte keine Langzeitfolgen.
„Es ist bekannt, dass das Gehirn auf Infekte reagiert, aber bisher hat noch niemand untersucht, was danach passiert“, sagt der TU-Braunschweig-Forscher Prof. Martin Korte. Dabei wisse man schon seit vielen Jahren, dass sich gerade ältere Menschen oft nur schwer von einer Grippe erholten und noch längere Zeit danach desorientiert sein können. Virusinfektionen stehen zudem im Verdacht, verschiedene neurologische Erkrankungen wie die Alzheimer-Krankheit und Depressionen auslösen zu können. Die Ergebnisse könnten auch für die Medizin von Bedeutung sein, etwa als weiteres Argument für Grippeimpfungen. Ob eine Grippeimpfung die Folgen der Immunattacke im Gehirn tatsächlich verhindern kann, will das Forscherteam in weiteren Studien prüfen.
NK