13.06.2016
„Dreht sich der Hoden mit dem Nebenhoden um den Samenstrang, sprechen wir von einer Hodentorsion“, erläutert der Bremer Kinderchirurg Professor Dr. med. Christian Lorenz, der die Erstellung einer neuen Leitlinie „Akutes Skrotum“ koordiniert hat. Unter diesen Begriff fallen verschiedene Krankheitsbilder, die mit starken Schmerzen am Hodensack einhergehen. Bei einer Hodendrehung wird die Blutversorgung des betroffenen Hodens vermindert, was zu plötzlichen, starken Schmerzen, Schwellung und Rötung eines, seltener beider Hodenfächer führen kann. Werde sie nicht rechtzeitig behandelt, könne dies bereits nach sechs bis acht Stunden zum Absterben von Hodengewebe führen, warnen Experten der DGKCH. Eine dauerhaft verminderte Fruchtbarkeit und ein äußerlich beeinträchtigtes Genital seien dann die Folge.
Prinzipiell können Hodentorsionen in jedem Lebensalter auftreten. Bei Kindern und Jugendlichen gibt es den Kinderchirurgen zufolge zwei Häufigkeitsgipfel – ein kleinerer im ersten Lebensjahr, ein zweiter bei Jugendlichen zwischen 12 und 18 Jahren. In die Gruppe der Teenager fallen 65 Prozent aller Ereignisse. Das Risiko zu erkranken, liege hier bei 1:4000, so die Experten. Das Problem rechtzeitig zu erkennen, ist in beiden Gruppen nicht immer leicht. Während sich sehr junge Patienten noch nicht präzise äußern könnten, täten betroffene Jungen dies in der Pubertät oft aus Scham nicht – oder zu spät, erläutert Lorenz. „Dies kann dazu führen, dass die Drehung oft schon Stunden zurück liegt, bis wir die Patienten sehen, und die Prognose für den Hoden trotz zügig eingeleiteter Operation entsprechend schlecht ist.“ Deshalb sei ein akutes Skrotum immer ein Notfall mit höchster Dringlichkeit.
Mit Hilfe einer speziellen Ultraschalluntersuchung können Ärzte feststellen, wie es um die Durchblutung der Hoden bestellt ist. Liegt eine Hodendrehung vor, können die betroffenen Hoden bei einer Operation in die ursprüngliche Lage zurück gedreht werden, sodass die Durchblutung wieder möglich ist und der Hoden erhalten werden kann, erläutern die Kinderchirurgen. Darüber hinaus werde er mit zwei bis drei Nähten gesondert im Hodenfach befestigt.
DGKCH/ HH