Hörsturz

Mediziner beobachten eine stetig wachsende Zahl von Hörstürzen, nicht zuletzt bei jungen Leuten. Was hinter dieser auch "Managerkrankheit des Ohres" genannten Erscheinung steckt, erklärte Professor Dr. Olaf Michel, Universität Brüssel, auf einem internationalen Fortbildungskongress für Apotheker.


© mheim3011/iStockphoto

"Die Augen kann man verschließen, die Ohren nicht", erläuterte der Experte. Pausenlos versorgen sie den Hörenden mit Informationen – rund um die Uhr und unabhängig davon, ob der nun gerade will oder nicht. Sogar noch im Schlaf. Störungen des unermüdlichen Organs beunruhigen die Betroffenen, denn sie kommen meist ohne Vorwarnung: Hörminderung, Ohrgeräusche und Schwindel – mal einzeln, mal kombiniert.

Ein Hörsturz tritt oft einseitig auf. Er äußert sich durch eine Hörminderung, die zu einer Innenohrschwerhörigkeit oder sogar bis zur Ertaubung führen kann. Beim Tinnitus, allein oder in der Folge eines Hörsturzes, rauscht oder pfeift es im Ohr der Betroffenen, ohne dass die Geräusche durch einen äußeren Schallreiz verursacht würden. Die Töne kommen wie aus dem Nichts.

Spontanheilung häufig

"In etwa der Hälfte der Fälle beobachtet man, dass die Symptome spontan wieder verschwinden", sagte Michel. "Aber das darf kein Grund sein, eine Behandlung zu unterlassen, da man über diese Spontanverläufe noch wenig weiß und nicht ausschließen kann, dass das Hörvermögen langfristig nicht doch abnimmt." Zwar müsse man mit einem Hörsturz nicht zum Notarzt, eine ärztliche Behandlung sollte jedoch bald erfolgen. Wartet man zu lange, können unwiderrufliche Zerstörung von Zellen den Heilungserfolg verringern, warnte der Experte.

Er plädierte für ein Behandlungsschema, wie es die von fachärztlichen Gremien ausgearbeitete Leitlinie "Hörsturz" vorsieht. Dieses habe sich bewährt und seine Wirksamkeit gezeigt – im Gegensatz zu Methoden wie Sauerstoffbeatmung bei normalem Druck, Eigenblut- oder Laserbehandlungen oder suggestiven Psychotherapien.

Bei der in den Leitlinien empfohlenen Behandlung geht es in erster Linie darum, die Fließfähigkeit des Blutes zu verbessern. Dazu kommt beispielsweise eine Infusion mit Hydroxyethylstärke (HES) zum Einsatz. Diese wird häufig mit entzündungshemmenden Kortikoiden kombiniert, die gegen mögliche Ödeme im Innenohr wirken. Auch Pentoxifyllin findet Anwendung, ebenso wie Extrakte aus Blättern von Ginkgo biloba und Acetylsalicylsäure. Bei letzterer sei eine niedrige Dosierung von höchstens hundert Milligramm wichtig, betonte Michel. Tinnitusgeräusche ließen sich manchmal durch die Gabe von Ginkgo vermindern, erklärte er weiter. Sie würden dann immerhin leiser.

Ursachen immer noch ungeklärt

Nach den Ursachen für Hörstürze fahnden die Wissenschaftler noch. Derzeit diskutieren sie zwei Möglichkeiten: Nach neuesten Erkenntnissen kommen dafür Virusinfekte oder auch gefäß- und durchblutungsbedingte Ursachen infrage.

Etwas genauer konnten mittlerweile die Risikofaktoren eingeengt werden. Nahm man früher alle Risikofaktoren eines Herzinfarktes auch für den Hörsturz an, so gilt das heute nur noch für erhöhte Cholesterin- und Triglyceridwerte. Hier fanden Wissenschaftler bei einem Viertel der Hörsturzpatienten erhöhte Werte. Normalerweise haben nur etwa drei bis vier Prozent der Bevölkerung in dieser Weise erhöhte Blutfettwerte. Hingegen scheinen Rauchen, Übergewicht, Bluthochdruck oder Diabetes das Risiko für einen Hörsturz nicht zu erhöhen.

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