Kinder: Trotzanfälle besser meistern

Eine Pädagogin erklärt, wie Eltern besser mit Trotzanfällen ihrer Kinder umgehen können.

Trotzanfälle sind für Eltern nicht leicht.
Die erste Trotzphase im Kleinkindalter ist für Eltern eine besondere Herausforderung.
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In welchem Alter treten Trotzanfälle üblicherweise auf?

Wolf: Das unterscheidet sich von Kind zu Kind. Aber im Prinzip liegt das so zwischen 18 Monaten und drei Jahren. Manchmal geht es auch noch ein halbes Jahr länger. In dieser Phase lernt das Kind, ein eigenes Ich zu entwickeln. Es entdeckt seinen eigenen Willen. Das ist aus der Perspektive des Kindes eine ganz schwierige Aufgabe.

Warum reagieren Kinder in diesem Alter so extrem?

Wolf: Um herauszufinden, was das Ich eigentlich will, muss das Kind einfach experimentieren. Es grenzt sich dadurch zunächst viel schärfer ab als ein Kind von fünf Jahren, das das schon gelernt hat. Da kann es sein, dass ein Kind, nur weil es ein rotes statt eines grünen Gummibärchen möchte, sehr extrem reagiert, weil es ja diesen Willen erst einmal bekunden will.

Also trotzen Kinder nicht, um die Erwachsenen zu ärgern?

Wolf: Zunächst ist das Trotzen nicht absichtsvoll. Die Kinder wollen nur austesten, wer sie sind. Es kann aber dazu kommen, dass es als Machtmittel eingesetzt wird, wenn die Eltern dem Ganzen zu viel Aufmerksamkeit schenken. Manchmal ist es besser, eine Situation nicht zu hoch zu hängen und, wenn es etwas Unwichtiges ist, dem Kind den Willen zu lassen. Es ist ja beispielsweise egal, ob man das grüne oder das rote Gummibärchen gibt.

Und wenn keine Kompromisse möglich sind?

Wolf: Wenn das Kind etwas will, was einfach nicht geht – allein über eine vielbefahrene Straße laufen oder im Winter kurze Hosen anziehen – heißt es, einmal kurz zu erklären, warum das nicht geht und dann bei seiner Handlungsweise zu bleiben. Wichtig: nicht diskutieren. Das Kind ist in diesem Alter damit noch überfordert.

Oft funktioniert das nicht so leicht. Haben Sie noch weitere Tipps?

Wolf: Schimpfen nützt wenig. Man muss als Erwachsener bestimmt sein. Manchmal gibt es auch die Möglichkeit, kurz den Raum zu verlassen, wenn das keine Gefahren birgt. Dann kann man sich sammeln, wiederkommen und mit einem anderen Thema auf das Kind zuzugehen. Das funktioniert nicht immer, aber in diesem Alter lassen sich Kinder generell noch ganz gut ablenken. In der Regel trotzen sie wegen ein und derselben Sache nicht den ganzen Tag. Das hört nach einigen Minuten auf. Wenn ein Kind völlig ausflippt, muss man aber mitunter auch einmal auf eine Aktion verzichten.

Und wenn die Kleinen anfangen zu beißen oder zu treten?

Wolf: Auch da muss man unter Umständen erst einmal die Distanz suchen und das Kind an einen sicheren Ort bringen. Hier gelten die grundsätzlichen Regeln des menschlichen Umgangs. Kein Erwachsener muss sich verletzen lassen. Danach ist es aber sehr wichtig, das Kind auch wieder auf den Schoß zu nehmen, es zu streicheln und ihm zu zeigen: Das war jetzt falsch, aber das belastet unsere Beziehung nicht.

Kann man etwas tun, damit die Kleinen weniger trotzen?

Wolf: Manchmal kann es helfen, wenn man dem Kind kleine Wahlmöglichkeiten lässt, die nicht aufwändig, aber attraktiv sind. Dass die Kleinen ins Bett gehen müssen, steht fest. Aber den Weg dorthin können sie beispielsweise mitbestimmen: Gibt es vorher eine Gute-Nacht-Geschichte, lässt an Schiffchen im Waschbecken fahren oder macht man noch eine Turnübung? Das Ziel steht dadurch nicht zur Diskussion, aber die Wege dahin darf das Kind beeinflussen. Dann macht es oft besser mit.

Eine zweite Sache: Wenn eine Änderung in der Tagesstruktur kommt – zum Beispiel ein Termin –, sollte man Kinder nicht aus dem Spielen reißen, sondern das vorher ankündigen. Generell sind allmähliche Übergänge viel leichter zu verstehen. Auch Alternativen bieten kann wiederum hilfreich sein: "Wir gehen jetzt, aber du kannst entscheiden, welche Jacke du anziehst."

Und was, wenn ich es als Elternteil nicht schaffe, ruhig zu reagieren?

Wolf: Zunächst gilt: Das kann einfach passieren. Hilfreich ist generell, dass man ein soziales Netzwerk hat - Großeltern, Tante, Onkel, Nachbarn, bei denen man das Kind auch mal zur Entlastung eine Stunde abgeben kann. Die Trotzphase kann furchtbar anstrengend sein. Da ist es wichtig, auch einmal an sich zu denken, um dann wieder ruhiger in solche Konflikte hineingehen zu können.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Katrin Faßnacht-Lee.

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