Sport ist gesund. Und das gilt erst recht bei Diabetes. Also rein in die Jogging-Schuhe oder das Rad geschnappt, um dem Körper etwas Gutes zu tun? Denn Ausdauersportarten, so die weit verbreitete Meinung, sind nicht zu toppen. Experten betrachten diese Ansicht mittlerweile als überholt. "Kraft- und Muskeltraining sind im Kampf gegen Diabetes genauso wichtig wie Ausdauersport", sagt Dr. Stephan Kress, der bei der Deutschen Diabetes Gesellschaft der Arbeitsgemeinschaft "Diabetes, Sport und Bewegung" vorsteht. Denn das Training mit Gewichten bringe die Muskelzellen dazu, mehr Zucker hereinzulassen und den Blutzuckerspiegel zu senken. Und zwar in einem ähnlichen Ausmaß wie beim Ausdauersport.
Vorteile des Krafttrainings
Ein weiterer Effekt des Krafttrainings: Es baut Muskelmasse auf und steigert dadurch den Grundumsatz des Körpers. Das bedeutet, dass der Kraftsportler nicht nur mehr Kalorien verbrennt, wenn er am Gewicht arbeitet, sondern auch dann, wenn er schläft oder auf dem Sofa sitzt. "Das hilft, den Effekt einer Diät zu stabilisieren", erläutert Kress. Wer durch Ernährungsumstellung bereits abgespeckt hat, kann mit Kraftsport wesentlich dazu beitragen, dass es dabei bleibt.
Ein weiterer Vorteil vom Training im Fitnessstudio: Es ist winter- und wetterfest. Außerdem stehen Geräte zur Verfügung, die die Bewegungen stabil führen, sodass sie der Trainierende leichter kontrollieren kann. Davon profitieren nicht nur langjährige Couch- Potatoes. "Krafttraining ist in höherem Alter oder bei Vorliegen weiterer Erkrankungen möglicherweise sogar die einzige Möglichkeit zu regelmäßiger körperlicher Aktivität", erklärt Sportmediziner Professor Dr. Daniel König vom Universitätsklinikum in Freiburg. Wer etwa aufgrund von Knieproblemen nicht mehr joggen oder aufgrund seines Schwindels kein Rad mehr fahren kann, findet im Fitnessstudio immer noch Geräte, an denen er sich risikolos bewegen kann.
Sicherheit geht vor
Besonders für Menschen mit Typ-2-Diabetes oder Typ-1-Diabetikern über 35 Jahren empfiehlt sich vor dem Trainingsstart eine medizinische Untersuchung. Dies gilt umso mehr, wenn bereits Folgeerkrankungen vorliegen oder wenn ein Bluthochdruck besteht. Dieser könnte bei bestimmten Kraftübungen zusätzliche Spitzen erreichen. Der Arzt kann beispielsweise anhand eines Belastungs-EKGs beurteilen, wie stark und mit welchen Übungen sich sein Patient belasten darf. Auch lässt sich eine eventuell nötige Therapieanpassung besprechen.
Als Ziel gilt: Zunächst zwei-, später aber dreimal pro Woche zum Training ins Fitnessstudio gehen und dabei alle großen Muskelgruppen beanspruchen, also neben den viel zitierten Bauch, Beine und Po auch Brust, Schulter und Rücken. Die Belastungsstärke kann in Rücksprache mit dem Fitnesscoach und eventuell dem Arzt auf 70 bis 80 Prozent der Maximalkraft gesteigert werden. Wer etwa im Bankdrücken maximal 50 Kilogramm schafft, kann dort schließlich mit 35 bis 40 Kilogramm trainieren.
Experte Kress empfiehlt außerdem, auch Ausdauersport ins Programm aufzunehmen, um einen stärkeren Effekt auf das Herz-Kreislauf-System zu erzielen. Das geht natürlich auch im Fitnessstudio, zum Beispiel an hochmodernen Laufbändern und Ergometern unter elektronischer Kontrolle von Blutdruck und Pulsschlag. Viele Studios bieten auch abwechslungsreiche Kurse. Die Zeiten langweiliger Muckibuden sind jedenfalls vorbei.
Dr. Jörg Zittlau