23.06.2017
Die Ausgaben für Krebsarzneimittel in der ambulanten Versorgung sind seit dem Jahr 2011 um 41 Prozent gestiegen. Sie übertreffen damit deutlich die Kostensteigerungen aller anderen Medikamente ohne Rezepturen, die im gleichen Zeitraum um 20 Prozent wuchsen. Das geht aus dem aktuellen Barmer-Arzneimittelreport 2017 hervor. Fünf der zehn Arzneimittel mit der größten Umsatzsteigerung werden demnach zur Behandlung von Tumorerkrankungen eingesetzt. Grund dafür seien vor allem die hohen Preise der Hersteller.
Der Trend lasse sich nicht durch eine größere Anzahl an betroffenen Patienten erklären, denn darauf entfielen seit dem Jahr 2011 lediglich acht Prozent der Kostensteigerung. Vielmehr fielen die höheren Herstellerpreise ins Gewicht. „Ziel der Pharmahersteller ist der maximale Umsatz, unser Ziel ist im Interesse der Patienten und Beitragszahler ein realistisches Preis-Leistungsverhältnis. Auch bei onkologischen Arzneimitteln, so segensreich viele von ihnen wirken, sind faire Preise wichtig“, sagt Prof. Dr. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der Barmer. Medikamente sollten daher nach fünf Jahren auf ihren Nutzen überprüft und darauf basierend das Preis-Leistungsverhältnis bestimmt werden.
Die Studienautoren haben die Kosten von 31 Krebsmedikamenten in Europa, Australien und Neuseeland verglichen. Deutschland zahlt den Ergebnissen zufolge besonders viel: Bei 90 Prozent (28 von 31) würden die Preise über dem Durchschnitt liegen, acht der 31 Krebsmedikamente kosteten hierzulande sogar am meisten. Zudem seien die Preise für Krebsmedikamente in Deutschland bereits seit Jahren gestiegen: Hätten die Kosten für eine typische Chemotherapie in den neunziger Jahren umgerechnet noch bei wenigen Tausend Euro gelegen, so seien es zehn Jahre später einige Zehntausend Euro gewesen. Heute erreichten die Kosten in vielen Fällen eine Größenordnung von Hunderttausend Euro und mehr. In der gesetzlichen Krankenversicherung fallen dem Report zufolge jedes Jahr zudem erhebliche Kosten für Krebsmedikamente an, die kein Patient erhalten hat. Gemeint sind Restmengen, die bei der Herstellung der Rezepturen anfallen, sogenannte Verwürfe. Allein bei den Barmer-Versicherten hätten im Jahr 2015 zehn Millionen Euro für ungenutzt weggeworfene Arzneimittel ausgegeben werden müssen. Verwürfe fielen je nach Packungsgröße, Wirkstoffmenge und Haltbarkeit des Wirkstoffes an. Straub fordert daher mehr praxistauglicher Einzeldosisstärken und Untersuchungen über die tatsächliche Haltbarkeit angebrochener Arzneimittelstammlösungen.
Barmer GEK/NK