16.01.2012
Umdenken in der Schmerztherapie? Forscher der Universität Wien, Österreich, haben gezeigt, wie verwandte Substanzen des Morphins, sogenannte Opioide, chronischen Schmerz löschen können.
Österreichische Hirnforscher haben eine bisher unbekannte Wirkung von Opioiden entdeckt. Die Studie unter der Leitung von Professor Dr. Jürgen Sandkühler und Dr. Ruth Drdla-Schutting zeigt, dass Opioide nicht nur Schmerzen vorübergehend lindern, sondern bei chronischem Schmerz das "Schmerzgedächtnis" im Rückenmark löschen können.
Durch das Schmerzgedächtnis kommt es dazu, dass die Schmerzverstärkung viel länger andauern kann als die eigentliche Schmerzursache – bis hin zu chronischen Schmerzen. Diese sogenannte Gedächtnisspur wird durch verschiedene Mechanismen gelegt. Dazu zählt insbesondere eine Verstärkung bei der Übertragung des Schmerzreizes zwischen den Nervenzellen.
Bei ihrer Studie stellten die Wissenschafter einen operativen Eingriff experimentell nach, wobei Schmerzfasern kontrolliert erregt wurden. "Trotz Narkose gab es eine Gedächtnisspur für Schmerzen und ein Schmerzverstärker hat sich eingeschaltet", berichtete Sandkühler. Normalerweise werden Opioide in mittlerer Dosierung über einen längeren Zeitraum verabreicht. Durch das in der Studie als Infusion über 60 Minuten eingesetzte hoch dosierte Opioid konnte diese Spur vollständig aufgehoben werden. "Die Gedächtnisspur für Schmerzen wurde wieder gelöscht und der Schmerzverstärker ausgeschaltet", sagte Sandkühler.
Derzeit wird untersucht, wie man diese neue Entdeckung bei der Behandlung von Schmerzpatienten nutzen kann. Dazu erhalten die Teilnehmer von Studien über einen Zeitraum von 60 Minuten eine hohe Dosis eines Opioids. "Sollte sich unser Ansatz unter klinischen Bedingungen bewähren, würde dies einen Paradigmenwechsel in der Schmerztherapie einläuten: weg von der vorübergehenden, rein symptomatischen Schmerztherapie hin zu einer an den Schmerzmechanismen orientierten, nachhaltigen Beseitigung einer Schmerzursache durch Opioide."
MP