26.09.2017
Nicht immer liegt es an den Augen, wenn Patienten an Sehstörungen leiden. „Es gibt Fälle, in denen der Patient nichts sieht – der Arzt aber auch nicht“, sagte Professor Dr. Klaus Rüther, niedergelassener Augenarzt in Berlin, bei einer Pressekonferenz anlässlich des Kongresses der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft in Berlin. Könne der Arzt an den Augen keine Erkrankung erkennen, seien oft Sehnerven oder Hirnbereiche, die das Sehen verarbeiten, beeinträchtigt.
„Die wichtigste Untersuchung in diesen Fällen ist die Gesichtsfelduntersuchung“, informierte Rüther. Anhand des ermittelten Gesichtsfeldausfalls sei oft zu erkennen, wo der Schaden zu vermuten ist. Ein Alarmzeichen sei beispielsweise ein Ausfall des schläfenseitigen Gesichtsfelds beider Augen. Er deute auf eine Störung der Sehnervkreuzung hin. „Die Ursache sind häufig Tumoren der Hypophyse, die auf die Sehnervkreuzung drücken“, erklärte Rüther. Sei nur ein Auge von der Sehstörung betroffen, müsse der Auslöser dagegen vor der Kreuzung des Sehnervs liegen. Meistens sei das eine Entzündung des Sehnervs, auf die auch eine schlechtere Reaktion der Pupille des jeweiligen Auges auf Licht hindeute. Bei Störungen der höheren Sehbahn, die hinter der Sehnervkreuzung liegt, seien wiederum beide Augen betroffen, dann aber jeweils an der gleichen Seite. „Hier spielen häufig Durchblutungsstörungen eine Rolle, etwa ein Schlaganfall.“
Ist nicht die Sehbahn, sondern die sogenannte Sehrinde im Gehirn geschädigt, spricht man anstatt von Sehstörungen von Wahrnehmungsstörungen. Als Beispiel nannte Rüther die Simultanagnosie, bei der der Patient die Einzelheiten der Umgebung zwar sieht, aber nicht zu einem Gesamtbild kombinieren kann. Dies sei häufig ein Vorbote einer Demenz.
Eine spezielle Form der Sehstörung, die vom Gehirn ausgeht, sei die Schwachsichtigkeit, fachsprachlich Amblyopie. Hierbei wird ein Auge vom Gehirn quasi abgeschaltet, es erlernt das Sehen nur unzureichend. „Das Auge ist völlig normal, das Gehirn kann den Seheindruck aber nicht verwerten“, erklärte der Augenarzt. Etwa 5 Prozent der Bevölkerung sei von Amblyopie betroffen. Als Ursachen kämen beispielsweise Schielen in Betracht oder eine eigentlich notwendige Brille, die nicht verordnet wurde. Das schwächere Auge lasse sich durch möglichst frühzeitiges Abkleben des stärkeren trainieren – doch das geht natürlich nur, wenn das Problem bekannt ist. „Unter anderem deshalb plädieren wir Augenärzte dafür, dass Kinder spätestens mit zweieinhalb bis drei Jahren das erste Mal augenärztlich untersucht werden“, sagte Rüther.
am/PZ/RF