Hanke Huber
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16.09.2022
Ich lege den Pfeil auf, spanne die Sehne, ziele – Wusch! Der Pfeil schießt los in Richtung Zielscheibe,senkt sich davor jedoch ab und schafft die zehn Meter nicht. Es ist ein warmer Tag im Mai, an dem ich mich aufgemacht habe, um in die Fußstapfen Robin Hoods zu treten. Drei Stunden Schnupperschießen bei den Bogenschützen Frankfurt. Auf einer weiten, von Büschen umsäumten Wiese stehen Zielscheiben in unterschiedlichen Entfernungen. Rechts und links von mir klauben Gleichgesinnte ihre Pfeile aus den Köchern und versuchen ebenfalls, ins Gelbe zu treffen.
Frage der Technik
Um einen Treff er zu landen, ist die richtige Technik das A und O. Man steht zunächst in der Ausgangsstellung, seitlich zur Zielscheibe, die Füße parallel zur Schießlinie. Dann wird der Pfeil aufgelegt. Den Bogen in Richtung Zielscheibe anheben, den Pfeil mit der Sehne nach hinten ziehen, die Zughand etwa in Höhe des Wangenknochens "ankern" und nach hinten lösen. Während des ganzen Ablaufs sollte man aufrecht stehen und auf die Körperhaltung achten, denn diese wirkt sich auf die Treffsicherheit aus. Wer das einige Male gemacht hat, kann bestätigen: Was so leicht aussieht, ist Kraftausdauersport. Das wiederholte Spannen und Halten des Bogens trainiert die Rumpfmuskulatur, insbesondere die Arme, die Schultern und den oberen Rücken. Außerdem schult Bogenschießen die Hand-Augen-Koordination und das Gleichgewicht.
Die Bögen, die wir nutzen, sehen übrigens nicht wie die englischen Langbögen aus, die man aus Robin Hood-Filmen kennt. Sie sind moderner, sogenannte "Blankbögen", wie wir erklärt bekommen. Konzentriert schießt jeder Kursteilnehmer seine sechs Pfeile. Meine nächsten landen nun zwar auf der Scheibe, doch viel zu weit links. Ich versuche, die Flugbahn zu korrigieren. Der nächste landet zu weit rechts. Ein weiterer zu weit unten.
Bewegung für jedes Alter
Nachdem alle Teilnehmer ihre Pfeile verschossen haben, heißt es, Pfeile ziehen. Wir gehen zu den Zielscheiben, allerdings erst, nachdem die Kursleiterin das Kommando "Pfeile holen" gegeben hat. Beim regelmäßigen Pfeile ziehen kommt also sogar noch Bewegung in die Sache. Da immer wieder auch Pfeile über das Ziel hinausschießen, helfen sich die Teilnehmer gegenseitig beim Suchen. Hier zeigt sich ein weiteres Plus des Bogensports: der Kontakt mit anderen Menschen. "Bogenschießen ist ein Sport für jede Altersgruppe – von Kindern bis Senioren – und wird auch gemeinsam trainiert", erklärt unsere Lehrmeisterin.
Durch die Bewegung an der frischen Luft, die konzentrierte Arbeit mit Pfeil und Bogen und die netten Gespräche zwischendurch ist mein Alltagstress schnell in den Hintergrund gerückt. Die Achtsamkeit, die man für das Bogenschießen benötigt, ist auch ein meditatives Element. Ich fühle mich ruhig und entspannt. Und dann: ein Glücksmoment. Der Pfeil fühlt sich schon
beim Loslassen "genau richtig" an und landet tatsächlich im Gelben. Einmal zumindest habe ich es geschafft!
Bogenschießen ausprobieren
Viele Bogensportvereine bieten Schnupperkurse an. Diese eignen sich gut, um zu testen, ob einem Bogenschießen gefällt. Mitunter gibt es sogar Angebote für therapeutisches Bogenschießen. Das kann etwa dabei helfen, Ruhe zu finden, ein gutes Körpergefühl zu entwickeln und das Selbstvertrauen zu stärken. Bevor man einen neuen Sport beginnt, sollte man in jedem Fall mit seinem Arzt sprechen. Nicht jeder Sport ist für jeden geeignet – das gilt auch für den mit Pfeil und Bogen. Eine Datenbank mit vielen Bogensportvereinen findet sich im Internet unter: www.t1p.de/bogenschiessen