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Tabu-Thema Sex: Viele Herzpatienten haben offene Fragen

ZOU/NAS  |  16.11.2024

Sex nach einem Herzinfarkt oder mit einer Herzerkrankung: Das ist für viele Betroffene ein großes Thema. Ängste, Erektionsstörungen oder andere körperliche Beschwerden sind nicht selten. Doch neue Forschungsergebnisse aus Schweden deuten an, dass sie häufig unbeantwortet bleiben.

Zwei Senioren, liegen im Bett.
Viele Menschen mit Herzerkrankungen haben Informationsbedarf zum Thema Sexualität.
© TatyanaGl/iStockphoto

Eine Umfrage unter 135 Erwachsenen mit Herzerkrankungen in Schweden ergab, dass nur fünf Prozent der Menschen Informationen über sexuelle Gesundheit erhielten, obwohl mehr als drei Viertel der Befragten sich diese wünschten.

76 Prozent der Teilnehmenden hatten angegeben, dass ihre Herzerkrankung ihre sexuelle Gesundheit sowie ihre Stimmung und ihr allgemeines Wohlbefinden beeinträchtigte – bei Männern häufiger als bei Frauen. Bei 87 Prozent der Männer und 64 Prozent der Frauen bestand ein ungedeckter Informationsbedarf.

Viele Patienten wünschen sich ein Gespräch mit Fachpersonal

Dabei war die Art der gewünschten Informationen unterschiedlich: Männer wünschten sich häufiger Informationen zu Erektionsstörungen, während Frauen sich mehr Informationen zu Schmerzen beim Sex wünschten. Weitere häufig genannte Themen waren Nebenwirkungen von Medikamenten, der Einfluss der sexuellen Gesundheit auf Beziehungen und Angst vor Sex. Dabei würden fast 80 Prozent ein Gespräch mit medizinischem Fachpersonal anderen Informationsquellen vorziehen.

Prof. Dr. Tiny Jaarsma von Universität Linköping stellte diese Ergebnisse auf der wissenschaftlichen Tagung der Amerikanischen Herzgesellschaft (AHA) in Chicago vor. Sie sagte: „Der Informationsbedarf ist universell und wird nicht ausreichend berücksichtigt.“ Ein Experte aus den USA bestätigte die Beobachtungen: „Dies ist nicht das erste Mal, dass wir hören, dass es in diesem Bereich eine Lücke gibt“, sagte Dr. Michael Blaha aus Baltimore. Er vermutet Zeitmangel als Ursache: „Ich glaube nicht, dass die Absichten der Ärzte schlecht sind. Aber sie stehen unter dem Druck, die Patientenbesuche effizient und kurz zu halten. Die Menge an Informationen, die ein Arzt bei einem Sprechstundenbesuch vermitteln kann, ist begrenzt. Dabei bleibt die sexuelle Gesundheit auf der Strecke.“

Ängste und Probleme offen ansprechen

Prof. Jean-Paul Schmid, Chefarzt Kardiologie der Klinik Gais, rät Betroffenen dazu, ihre Fragen offen anzusprechen: Eine verbreitete Angst sei zum Beispiel, dass Sexualität eine zu große Belastung für den Körper sei. „Wichtig ist, solche Probleme rechtzeitig beim Arzt oder der Ärztin anzusprechen, um übertriebene Ängste abzubauen und allenfalls Lösungen zu finden“, so Schmid.

Um Betroffenen den ersten Schritt zu erleichtern, hat die Schweizerische Herzstiftung zusammen mit Fachpersonen aus der Kardiologie, Kardiopsychologie und Sexualtherapie eine Patienteninformation entwickelt: Die Broschüre „Sexualität bei einer Herzkrankheit“ geht der Frage nach, welche konkreten Probleme die Sexualität vieler Herzpatientinnen und -patienten belasten und was sie tun können, wenn der Sex nicht mehr wie gewohnt möglich ist.

5 Tipps zur Sexualität bei Herzproblemen

Auch die Deutsche Herzstiftung geht in einer Podcast-Folge mit dem Kardiologen und Reha-Experten Dr. Markus Wrenger auf das Thema Sex und Herzkrankheiten ein. Darüber hinaus gibt die Stiftung folgende praktische Tipps:

  1. Die körperliche Belastung beim Sex wird häufig überschätzt. Wer noch zwei Stockwerke Treppen steigen oder zügig Spaziergehen könne, ohne dass es dabei zu Herzschmerzen kommt, der ist laut Herzstiftung auch fit genug für sexuelle Aktivitäten.
  2. Wer eine fortgeschrittene Herzschwäche hat oder unter einer instabilen Herzerkrankung leidet, sollten sich vorab mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin besprechen.
  3. Nach einer Bypassoperation wird empfohlen, sechs bis acht Wochen mit erneuter sexueller Aktivität zu warten, bis das Brustbein verheilt ist. Nach anderen Eingriffen ohne Eröffnen des Brustbeins oder nach einem Herzinfarkt bzw. einer Stentimplantation, seien meist nur wenige Tage Pause nötig.
  4. Nach der Implantation eines Defibrillators ist ein ganz normales Sexualleben möglich. Kommt es zum Beispiel während des Geschlechtsverkehrs tatsächlich zu lebensbedrohlichen Herz-Rhythmusstörungen und gibt der Defibrillator einen Stromstoß ab (Defi-Schock), ist das für den Partner bzw. die Partnerin völlig ungefährlich: Patienten sind nach dem Schock nicht „elektrisch geladen“ oder ähnliches.
  5. Nach einer Herzkatheteruntersuchung wird dazu geraten, etwa zwei Tage auf größere Anstrengungen und auf Sex zu verzichten.

Quellen: heart.org; Schweizerische Herzstiftung; Deutsche Herzstiftung

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