Lena Höppner
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18.12.2021
Doch wieso beschließt die Bundesrepublik Deutschland, dass farbige Tattoos nicht mehr erlaubt sind? Grund dafür ist ein europäisches Gesetz: Am 4. Januar 2022 tritt die REACH-Verordnung in der ganzen Europäischen Union in Kraft. Sie regelt die Registrierung, Autorisierung und Evaluation von Chemikalien. Etwa 4.000 Stoffe, die unter anderem auch Bestandteile von Nagellacken und Kosmetika sind, betrifft das Verbot. Darunter auch viele Pigmente für die Herstellung von Tattoofarben. Über die Hälfte der derzeit auf dem Markt befindlichen Farben sind dann verboten – betroffen sind fast alle Farbtöne außer Schwarz, Weiß und Grau. Die verbotenen Substanzen sind nicht alle gesundheitsschädlich, jedoch nicht ausreichend erforscht, um eine Gefährdung der Gesundheit auszuschließen.
Ab Januar 2023 betrifft das Verbot noch weitere Pigmente. Besonders für blaue und grüne Tattoos wird es schwierig. Nach derzeitigem Stand dürfen dann keine blauen Tattoofarben mehr auf dem Markt erhältlich sein, wenn es bis dahin keine Ersatzstoffe gibt.
Viele Farben sind nicht richtig gekennzeichnet
9 von 10 Farben verstoßen gegen die gesetzlichen Vorgaben der Kennzeichnung, wie eine Untersuchung aus Schweden zeigt. Die Hälfte der Verstöße beinhaltet eine unsachgemäße Kennzeichnung der Inhaltsstoffe. Bei vielen betroffene Farben sind Pigmente erhalten, die künftig in der EU verboten sind. Über die Hälfte der untersuchten Proben enthielt potentiell gesundheitsschädliche oder verbotene Inhaltsstoffe. In fast allen Farben fanden die Forscher die Schwermetalle Nickel und Chrom. Besonders Nickel kann zu schweren Kontaktallergien führen. Für die Studie untersuchte die königlich technische Hochschule Stockholm in Schweden 56 Tattoofarben, die weltweit auf dem Markt sind.
Inhaltsstoffe sind potenziell krebserregend
Inzwischen besteht die Grundlage der meisten Farbtöne aus bunten Pigmenten – meist sogenannte Azofarbstoffe. Diese sind billig zu produzieren und die Farbigkeit ist sehr beständig und intensiv. Allerdings weisen einige eine chemische Instabilität auf, wodurch im Körper sogenannte primäre Amine entstehen. Das sind Verbindungen, die potenziell krebserregend sind. Die Tätowiermittel-Verordnung verbot daher schon im Jahr 2009 alle Farben, die chemisch instabile Azofarbstoffe enthalten. Eine Untersuchung aus 2016 zeigte jedoch, dass jede fünfte Probe zu hohe Gehälter von primären Aminen aufweist. Für die Studie untersuchten die Wissenschaftler des Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit 24 Farben für Tattoos und Permanent-Make-Up – 17 davon rote, orange und gelbe Tattoofarben.
Farbpartikel lagern sich in den Lymphknoten ab
Problematisch bei einer Tätowierung ist besonders der Abtransport der Pigmente in andere Körperregionen, besonders in die Lymphknoten. Eine Untersuchung zeigte, dass das Immunsystem besonders kleine Partikel herausfiltert und diese in den Lymphknoten ablagert. Außerdem wiesen alle Probanden erhöhte Mengen von möglicherweise toxischen Schwermetallen wie Aluminium, Nickel, Eisen, Chrom und Kupfer in der Haut auf. Dies zeigt eine Studie einer Kooperation des Deutschen Instituts für Risikobewertung mit weiteren wissenschaftlichen Einrichtungen. Die Wissenschaftler untersuchten Proben der Haut und angrenzenden Lymphknoten von 6 Teilnehmern. Vier Teilnehmer hatten Tattoos in Grün, Orange, Rot oder Schwarz, die zwei anderen galten als Referenz. Unklar bleibt weiterhin, ob die Partikel nicht auch in andere Körperregionen oder Organe wandern und dort potentielle Schäden anrichten.
Quellen: https://www.lgl.bayern.de/produkte/kosmetika/taetowiermittel/ue_2013_2016_taetowierfarben_primaere_amine.htm; https://doi.org/10.1159/000369222; https://doi.org/10.1038/s41598-017-11721-z; https://doi.org/10.1111/cod.13913