Apotheker Rüdiger Freund
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15.03.2023
Medikamente mit Cannabisextrakten oder Cannabisblüten zur Therapie bestimmter Erkrankungen kennt man in Apotheken schon lange. Sie alle enthalten neben dem Hauptwirkstoff THC (Tetrahydrocannabinol) auch CBD, fachsprachlich Cannabidiol. Dabei handelt es sich um einen von mehreren Inhaltsstoffen, die in der Hanfpflanze in größeren Mengen enthalten sind und zu ihrer Wirkung beitragen.
Komplexe Rechtslage erschwert Einordnung
Aus heutiger wissenschaftlicher Sicht geht vom CBD allein keine berauschende oder suchterzeugende Wirkung aus, daher gilt es in Deutschland nicht als Betäubungsmittel. In Studien zeigte sich, dass CBD bei zwei seltenen Formen von Epilepsie bei Kindern die Zahl der Anfälle deutlich senkte, daher hat die EU-Gesundheitsbehörde es zu diesem Zweck bereits vor einigen Jahren als Arzneimittel zugelassen. Aber wie kommt es nun, dass sich ein verschreibungspflichtiger Arzneistoff mit nachgewiesener Wirkung gegen ein Nervenleiden in diversen Produkten wiederfindet, die es frei "an jeder Ecke" gibt? Gummibärchen, Hautcremes, Öle oder Zahnpasta: Die Auswahl ist riesig. Der Kern der Verwirrung liegt in der Rechtslage, die sich komplex gestaltet. Zwischen "Betäubungsmittel" und "freiverkäuflich" oder Kosmetika rangieren in der EU unterschiedlichste Produkte, die von der Hanfpflanze stammen. Zusätzlich haben einzelne Mitgliedsländer noch eigene Definitionen. Hier die Übergänge und Schattierungen genau zu erkennen, fällt selbst Fachleuten nicht immer leicht.
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit vertritt einen klaren Standpunkt: Für CBD-haltige Erzeugnisse müssen die Hersteller entweder einen Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels oder einen Antrag auf Zulassung eines neuartigen Lebensmittels stellen, um die Sicherheit des Erzeugnisses zu belegen. Allerdings liegt die Verantwortung, das zu überprüfen, bei den Bundesländern. Diese Gemengelage führt dazu, dass immer wieder Gerichte einzelne CBD-Produkte aus dem Verkehr ziehen, andere aber weiter im Handel bleiben.
Wissenschaftliche Belege fehlen
Einige CBD-Angebote deuten einen unbestimmten Wellness-oder Anti-Stress-Effekt an, manche werben mit eigentlich nur Arzneimitteln vorbehaltenen gesundheitlichen Anwendungsgebieten wie Schlaflosigkeit oder Schmerzen. Allerdings fehlen dafür die wissenschaftlichen Belege – und die Zulassung. Neben- und Wechselwirkungen fallen in der Werbung oft unter den Tisch, aber davon hat CBD einige: Müdigkeit, Appetitverlust, Übelkeit oder Durchfall können auftreten. In jedem Fall nicht unbedingt das, was man sich als Gummibärchen-Zusatz für seine Kinder wünscht.
Grund genug, als Verbraucher die allgegenwärtigen CBD-Angebote kritisch zu hinterfragen. Produkte mit CBD gehören keinesfalls in Kinderhände und eignen sich nicht, um Gesundheitsbeschwerden in Eigenregie zu behandeln. Fragen Sie stattdessen in Ihrer Apotheke nach wirksamen und gut erforschten (pflanzlichen) Arzneimitteln.