24.08.2012
Was die Filmregisseurin Doris Dörrie in ihrer Komödie "Die Friseuse" aufgegriffen hat, ist bittere Realität: Zwischen dem Traumberuf und Bewerbern mit Übergewicht steht oft eine Mauer aus Vorurteilen. Forscher der Universität Tübingen haben jetzt herausgefunden, dass selbst ausgebildete Personalentscheider nicht frei davon sind.
In einem Experiment hatten 127 erfahrene Personaler anhand von sechs Fotos beurteilen sollen, welchen Beruf aus einer Liste von Berufen die Abgelichteten ausübten. Zusätzlich sollten sie einschätzen, wie deren Chancen bei einem Vorstellungsgespräch für die Stelle eines Abteilungsleiters stünden. In beiden Fällen schnitten Übergewichtige sehr schlecht ab, so das Ergebnis der Studie, die im Fachjournal BMC Public Health veröffentlicht wurde. Ihnen wurde fast nie eine Stelle mit hohem Prestige zugetraut und sie wurden ebenso selten für eine Stelle als Abteilungsleiter ausgewählt. Besonders stark benachteiligt seien adipöse Frauen, denen nur zwei Prozent der Personalentscheider einen Beruf mit hohem Prestige zuordneten, berichten die Forscher. Nur sechs Prozent konnten sich stark übergewichtige Frauen in einer Führungsposition vorstellen.
Insgesamt lagen die Personaler, die eigentlich dazu ausgebildet sein sollten, ohne Vorurteile über die berufliche Qualifikation zu entscheiden, mit ihrer Einschätzung sogar noch unter den realen Zahlen. Als Konsequenz schließen die Forscher, dass Maßnahmen gegen die Stigmatisierung übergewichtiger Menschen notwendig seien. Ein erster Schritt könnte darin bestehen, wie in anderen Ländern üblich, auf Bewerbungsfotos zu verzichten. Damit könne die Chancengleichheit gewahrt werden. "Sonst ist für Übergewichtige das Verfahren möglicherweise schon zu Ende, bevor es richtig angefangen hat", so der Sportwissenschaftler Ansgar Thiel von der Tübinger Universität.
HH