Baby & FamilieGesundheit

Wenn das Kind Diabetes hat

Katrin Faßnacht-Lee  |  16.01.2023

Die Diagnose ist ein Schock. Dann kommt die Überforderung. Hier spricht eine Mutter darüber, was in Familien passiert, wenn das Kind Typ-1-Diabetes bekommt. Und darüber, was dann helfen kann.

Sarah-Léonie und Maren Sturny.
Die Diagnose Typ-1-Diabetes ihrer Tochter Sarah-Léonie kam für Maren Sturny aus heiterem Himmel.
© Timm Kellermann

Als die Ärzte den Verdacht auf Typ-1-Diabetes äußerten, war Maren Sturny überzeugt, dass es sich um eine Verwechslung handeln musste. Niemand in der Familie hatte Diabetes! Heute weiß die dreifache Mutter aus Planegg bei München: "Typ-1-Diabetes ist eine Autoimmunerkrankung, die man auch bekommen kann, wenn es niemand in der Familie hat. Eines von 500 Kindern in Deutschland ist betroffen." Erste Symptome: starker Durst, häufiges Wasserlassen, Erschöpfung, Gewichtsabnahme. "Ich habe festgestellt, dass viele denken, es beträfe sie nicht. Auch ich war ahnungslos. Doch jeder kann Kinder kennen, bei denen diese Symptome auftreten", betont Sturny.

Böses Erwachen

Am Tag der Diagnose stellte sich schnell heraus, dass es sich nicht um eine Verwechslung handelte. "Wir waren völlig vor den Kopf gestoßen – ein böses Erwachen. Denn wir haben dann schnell verstanden: Typ-1-Diabetes ist nach heutigem Kenntnisstand nicht heilbar und gehört jetzt für immer zum Leben unserer Tochter Sarah-Léonie", erinnert sich die Marketing-Expertin. Wie bei allen betroffenen Familien hieß es, sich dem Thema zu stellen, zu lernen und den Alltag von Grund auf umzustellen. "Ich bin eine Perfektionistin. Für mich war es anfangs schwierig, mit dieser Diagnose zu leben, ohne ein Fünkchen Ahnung zu haben", gibt die Mutter zu.

Mithilfe der Einweisung durch die Ärzte, etlicher Ratgeber und der Recherche im Internet begann die Mutter, sich in das komplexe Thema einzuarbeiten. Nach zwei Wochen Krankenhaus endlich zu Hause stellte sich die Frage: Was jetzt? Insulindosis auf Essen und Bewegung abstimmen, Katheterwechsel, bei schwankenden Werten richtig reagieren: "Es gab so viel Sorge, etwas falsch zu machen, wovon das Leben unserer Tochter abhängt. Anfangs waren wir komplett überfordert und haben viel Zeit zum Ausprobieren gebraucht, um uns sicherer zu fühlen."

Verstehen und akzeptieren

Heute hilft Sturny auch der Austausch mit anderen Familien – in Foren, Chat-Gruppen oder auf Social Media. "Viele sagen ja, auf Social Media wird nur dargestellt, was positiv ist. Das kann ich so nicht bestätigen. Wir teilen in der Typ-1-Community auch das Schwierige miteinander, stellen Fragen und unterstützen uns gegenseitig." In den vergangenen drei Jahren hat die Familie gelernt, den Diabetes zu verstehen und zu akzeptieren. "Durch diese Akzeptanz ist unser Alltag wieder bunt geworden und auch ein Teil der Leichtigkeit zurückgekommen", führt die Mutter aus. Aber nicht nur die eigene Verarbeitung der Diagnose hilft laut Sturny – auch das Verständnis der anderen: "Viele wollen unterstützen, aber das ist einfacher, wenn man etwas über die Krankheit weiß und sich in die Familien einfühlen kann."

Doch wie die Freunde und Verwandten einbinden, wenn einen gerade anfangs die täglichen Herausforderungen selbst rund um die Uhr beschäftigen? Hier wollte Sturny ansetzen und helfen: "Es gibt viele wertvolle Ratgeber. Zum Teil sind diese aber eher komplex. Deshalb nahm ich mir vor, einen etwas anderen Ratgeber zu schreiben: leicht verständlich und gut zugänglich. Er lässt hinter die Kulissen hinein in unseren Alltag blicken. Ich möchte frisch diagnostizierten Familien helfen, in den Alltag zu finden. Und das Buch gibt auch dem Umfeld die Möglichkeit, mit Leichtigkeit einen Einblick in dieses Thema zu bekommen."

Abschied von der Perfektion

Die Geschichte, die Sturny erzählt, ist offen, ehrlich und sie schreibt mit positivem Blick. Das Buch liefert Informationen, es geht aber auch um Ängste, Hürden, um Lösungen. "Diabetes ist ein komplexes Thema. Mir ist wichtig, ›Neulingen‹ zu zeigen, dass es normal ist, dass einem Fehler passieren und dass man auch nach Jahren noch fast täglich kämpft", erklärt die Autorin. Den anfänglichen Druck der Perfektion hat sich die 48-Jährige selbst genommen: "Ich wäge jetzt mehr ab zwischen Perfektion und situativer Gelassenheit. Das Leben zu leben ist wichtig und es besteht nicht nur aus Diabeteswerten. Manchmal drücke ich ein Auge zu, sofern es medizinisch vertretbar ist, und fange die Werte später wieder ein. Diese Gelassenheit tut allen gut: der Familie, meiner Tochter und mir."

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