Musik gehört zum Mensch-Sein wie auch die Sprache. Doch wo liegen ihre Anfänge in der Menschheitsgeschichte? Professor Dr. Richard Parncutt, Leiter des Zentrums für Systematische Musikwissenschaft der Karl-Franzens-Universität Graz, sieht den Ursprung der Musik in der "Babysprache" – der akustisch-gestischen Kommunikation zwischen Mutter und Säugling.
"Die Babysprache ist komplex, melodisch, rhythmisch und ausdrucksvoll – kurz: musikalisch", so Parncutt. Die Grundlage für diese Form der Verständigung sieht der aus Melbourne in Australien stammende Forscher in der Wahrnehmung der Mutter durch den Fötus. Bereits vier Monate vor der Geburt kann er den Herzschlag der Mutter, ihre Atmung und Stimme, ihre Schritte und ihre Magengeräusche hören. Über den Gleichgewichtssinn, die Haut und die eigene Körperwahrnehmung registriert er auch ihre Bewegungen.
"Alle diese Laut- und Bewegungsmuster sind abhängig vom Gefühlszustand der Mutter und erhalten damit für den Fötus eine emotionale Qualität", sagt Parncutt. "So können sie zur Grundlage für die Laut- und Bewegungsstruktur von Musik werden." Der Wissenschafter sieht in dieser vorsprachlichen, unbewussten Wahrnehmung den Ursprung von Musikalität als einzigartige menschliche Fähigkeit.
Babysprache ist charakterisiert durch die Übertreibung sprachlicher Tonhöhenvariationen. Gefühle stehen im Vordergrund, Begriffe werden vereinfacht, Wörter verkürzt. Besonders interessant findet Parncutt, dass das lautlich-gestische Vokabular dieser kodierten Kommunikation universell zu sein scheint. "Das stimmt mit der Theorie überein, dass der Fötus die Codes im Mutterleib erwirbt", findet der Forscher eine mögliche Erklärung.
KFU Graz/RF