29.01.2016
Dengue- und Zika-Viren nutzen denselben Überträger, um sich zu verbreiten: die Mückenart Aedes aegypti. Die Globalisierung und der Klimawandel haben dazu geführt, dass sich eine verwandte Art, die das Dengue- und vielleicht das Zika-Virus übertragen kann, inzwischen in Südeuropa und Süddeutschland niedergelassen hat – jedoch nur in sehr geringer Zahl. Daher sieht die GfV keine Gefahr für Deutschland: „Es gibt derzeit keinerlei Anzeichen dafür, dass es zukünftig zu einer Übertragung von Zika-Viren über angesiedelte Moskitos in Deutschland kommen wird“, so Drosten. Der Arzt leitet am Universitätsklinikum Bonn das Institut für Virologie. Denn Aedes aegypti kommt in Deutschland gar nicht, und die verwandte Art Aedes albopictus nur äußerst selten vor. „Wären die Bedingungen in Deutschland ganzjährig gegeben, wäre Deutschland längst ein Verbreitungsgebiet des Dengue-Fiebers, das sich seit Jahren sehr viel stärker ausbreitet als das Zika-Virus.
Die wenigen hierzulande registrierten Zika-Virus-infizierten Personen hatten die Erkrankung direkt aus anderen Ländern eingeschleppt. Ein wichtiger Unterschied zu Dengue macht zudem Hoffnung, so Drosten: „Anders als beim Dengue-Virus kann sich der Mensch nur einmal im Leben mit Zika-Viren infizieren, danach ist er immun.“ Es wäre also denkbar, dass eine Phase der Virusausbreitung eine immune Bevölkerung hinterlässt und dazu führt, dass sich die Epidemie von selbst eindämmt“, so der GfV-Experte.
Die Fälle von Mikrozephalie, die bei Neugeborenen in Brasilien in den letzten Monaten vermehrt auftraten, bezeichnet Drosten als besorgniserregend. Bei einer Mikrozephalie kommt das Neugeborene mit einem besonders kleinen Kopf zur Welt und ist oft geistig behindert. In Brasilien wurden 270 Fälle von Mikrozephalie bestätigt, aber zur gleichen Zeit bei 462 Verdachtsfällen das Vorliegen einer zunächst befürchteten Mikrozephalie ausgeschlossen. 3448 weitere Verdachtsfälle müssen nun noch abgeklärt werden. Bei derzeit weniger als zehn der 270 Fälle konnte laut dem brasilianischen Gesundheitsministerium eine Infektion mit Zika-Viren nachgewiesen werden.
Drosten warnt vor voreiligen Rückschlüssen: „Beim Zika-Virus sind derzeit noch zu viele Aspekte unverstanden, um von einer direkten Verursachung der Mikrozephalie zu sprechen“, so Drosten. „Wir wissen beispielsweise, dass es nicht bei jedem Kind, dessen Mutter in der Schwangerschaft eine Zika-Virus-Infektion durchgemacht hat, zu Fehlbildungen kommt.“ Auch von früheren Ausbrüchen in anderen Ländern sei dieses Phänomen so nicht bekannt, werde aber jetzt aktiv nachuntersucht. Die Erforschung des Zika-Virus und die Entwicklung einer Impfung sollten nun im Fokus stehen. Zu diesem Zweck habe die Europäische Union gerade zehn Millionen Euro Forschungsgelder ausgelobt.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) prüft derzeit wegen der schnellen Ausbreitung, ob sie einen globalen Gesundheitsnotstand ausruft. Dazu sei für kommenden Montag, 1. Februar, eine Krisensitzung internationaler Virusexperten einberufen worden, teilte WHO-Generaldirektorin Margaret Chan mit. Der Erreger sei bereits in 23 Ländern auf dem amerikanischen Kontinent aufgetaucht. Zudem bieten einige Fluglinien schwangeren Frauen, die Reisen in betroffene Länder gebucht haben, an, ihre Flüge kostenlos umzubuchen.
GfV/NK