SeniorenSport & Fitness

Bewegung light: Tipps für Menschen mit Einschränkungen

Nadja Schwarzwäller  |  15.04.2024

Jeder Schritt und jeder Muskel zählen – Bewegung ist ein Grundprinzip unseres Körpers. Auch und vor allem Menschen mit Einschränkungen sollten sich bewegen, so gut es eben geht. Oder bewegt werden.

Gruppe von älteren Menschen bei der Sitzgymnastik mit Bällen.
Jede Bewegung zählt - auch und gerade bei körperlich eingeschränkten Menschen.
© Horsche/iStockphoto

Jeder vierte Erwachsene bewegt sich nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation viel zu wenig. 150 bis 300 Minuten körperliche Aktivität von moderater bis hoher Intensität pro Woche empfiehlt sie, um möglichst fit und gesund zu bleiben. Und das auch Menschen mit chronischen Erkrankungen und Behinderungen. Was aber, wenn jemand so stark eingeschränkt ist, dass er sich gar nicht so intensiv bewegen kann, sei es durch eine Erkrankung oder Behinderung oder durch einen Unfall, das Alter, starkes Übergewicht oder mangelnde Fitness? Sportmedizinerin Professorin Dr. Dr. Christine Joisten von der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention sagt, verschiedene Bewegungsformen sollten individuell angepasst werden, abhängig davon, was dem Einzelnen möglich ist. In jedem Fall gelte: "Jeder Schritt zählt!"

Die Bedeutung der Bewegung stellt ein evolutionär angelegtes Grundprinzip dar: "Ohne Bewegung geht gar nichts", stellt Joisten fest. Jede Kontraktion der Muskeln sorgt dafür, dass auch die anderen Organsysteme des menschlichen Körpers aktiviert werden. Es sei ein Appell an das Herz ebenso wie an den Stoff wechsel, "bleibt aktiv, bleibt gesund", so die Sportmedizinerin. Bewegung stärkt das Immunsystem, Hormone werden ausgeschüttet und Gefäße trainiert. "Die Muskulatur ist unser größtes Stoffwechselorgan und Bewegung bedeutet einen Eff ekt für den gesamten Organismus."

Effekte auf Herz, Stoffwechsel und Immunsystem

Der einzige Grund, sich nicht zu bewegen, obwohl man es könnte, seien akute Zustände – beispielsweise Infekte ebenso wie Entgleisungen des Blutzuckers und des Blutdrucks. Das würde den Organismus überfordern. Ansonsten sorgt jede noch so kleine Bewegung für einen positiven Effekt. Und ist obendrein bestes "Anti-Aging".

Prinzipiell gelte es, sich langsam heranzuarbeiten beziehungsweise das zu tun, was eben geht, rät die Expertin. Mehr Bewegung lässt sich zum Beispiel gut in den Alltag integrieren. Die Treppen nehmen statt den Aufzug oder das nötige Staubsaugen mit Musik und bewusstem Schwung zu erledigen, könne ein Anfang sein. "Gerade wenn man sich schon zu kleinen Sachen aufraffen muss, darf die Hürde nicht zu groß sein", erläutert die Leiterin der Abteilung Bewegungs- und Gesundheitsförderung an der Sporthochschule Köln. Auch beim Fernsehen ein paar Bewegungsübungen zu machen, zum Beispiel mit einem Gummiband, verbessere bereits die Fitness.

Ideal für alle, die kein intensives Training betreiben können oder wollen, seien sogenannte "Exercise Snacks" – kurze Übungsintervalle, die man in seinen Tag einbauen kann. Selbst Menschen mit einer Gangunsicherheit, Schmerzen beim Gehen oder einer Lähmung der Beine können ihre Arm- und Rumpfmuskulatur trainieren. Zum Beispiel eine einfache Übung, die auch bettlägerige Patienten durchführen können: die Schultern drehen, heben und senken.

Ansonsten gilt: Wer auf Bewegung verzichtet, setzt damit einen Teufelskreis in Gang. Masse, Kraft und Funktion der Muskeln nehmen rapide ab und jede Bewegung fällt dann umso schwerer. Die gute Nachricht für all jene, die kaum noch Bewegung gewohnt sind, lautet allerdings, dass bei ihnen jeder Reiz umso größere Wirkung hat. "Gerade im Alter wird sehr schnell der positive Effekt spürbar, wenn man sich wieder bewegt", weiß Sportmedizinerin Joisten.

Auch passive Bewegung hat positive Effekte

Und für all jene, die es aus eigener Kraft nicht mehr schaffen, ist es ganz wichtig, bewegt zu werden, sagen Experten. Wie das funktioniert, erklärt zum Beispiel der querschnittsgelähmte Schauspieler und Autor Samuel Koch in dem Video "Bewegung für Unbewegte" auf seinem YouTube-Kanal. Zusammen mit seinem Bruder Jonathan, der als Physiotherapeut arbeitet, zeigt Koch einfache Übungen, zum Beispiel die Zehenspitzen im Liegen Richtung Nasenspitze zu drücken – Übungen, die auch Angehörige von pflegebedürftigen Menschen mit ihnen durchführen können.

Die positiven Auswirkungen zeigen sich auch auf psychischer Ebene. So spielen Sport und Bewegung bei verschiedenen Krankheiten von Krebs bis Depression eine wichtige Rolle. "Bewegung ist auch mit Lebensqualität und mit Teilhabe verknüpft", erläutert Joisten, die eine Weiterbildung als ärztliche Psychotherapeutin innehat. Selbstfürsorge sei ein wichtiges Stichwort, und wer als Mensch mit einer Einschränkung (wieder) in Bewegung kommt, der mache eben nicht nur körperlich eine positive Erfahrung, sondern auch mental: "Ich spüre, ich schaffe etwas" gebe auch psychisch Kraft. Wichtig sei, den Anspruch nicht zu hoch zu schrauben und nicht immer nur auf das zu schauen, was nicht geht. Am besten legt man den Fokus auf das, was man kann.

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