16.10.2015
„Wir können aufgrund der schwachen Datenlage derzeit nicht empfehlen, Rheumapatienten mit Cannabisprodukten zu behandeln“, sagt Privatdozent Dr. Winfried Häuser vom Klinikum Saarbrücken bei einer Pressekonferenz zum Deutschen Schmerztag in Mannheim. Häuser war zusammen mit Forschern aus Deutschland, Kanada und Israel der Frage nachgegangen, bei welchen rheumatischen Erkrankungen mit chronischen Schmerzen Cannabisprodukte wirken und ob sie verträglich und sicher sind. Bei der Übersichtsarbeit, die demnächst im Fachjournal „Arthritis Care & Research“ erscheinen wird, wurden laut Häuser nur randomisierte, kontrollierte und doppelblinde Studien berücksichtigt.
Die Datenlage zum Einsatz bei Rheuma ist demnach spärlich: Eingeschlossen wurden unter anderem zwei Studien mit der Cannabis-Substanz Nabilon über die Dauer von zwei und sechs Wochen mit 71 Schmerzpatienten. Außerdem eine vierwöchige Studie zum Einsatz von Nabilon bei 30 Rückenschmerzpatienten und eine Studie mit Tetrahydrocannabinol/Cannabidiol (THC) mit 58 Patienten mit rheumatoider Arthritis über fünf Wochen. Die Ergebnisse zeigen laut Häuser keine bessere Wirksamkeit der Cannabisprodukte gegenüber den Kontrollsubstanzen (Placebo beziehungsweise ein schmerzlinderndes Antidepressivum). Vertragen wurden die Cannabisprodukte trotz einiger unerwünschter Arzneimittelwirkungen wie Konzentrationsstörungen, Schläfrigkeit und Müdigkeit aber gut.
Der schwache Nutzen schließe allerdings nicht aus, dass Ärzte Patienten, die als austherapiert gelten, mit Cannabis behandeln können, sagte Häuser. Er forderte, die Bundesregierung müsse ein Gesetz zum medizinischen Gebrauch von Cannabisprodukten erlassen und dafür sorgen, dass die Krankenkassen die Kosten für verordnetes Cannabis übernehmen. Alle Formen einer Eigentherapie lehnten die Experten der Deutschen Schmerzgesellschaft – wie auch die Bundesapothekerkammer – ab. „Patienten, die sich mit Cannabis aus Eigenanbau selbst behandeln, fügen ihrem Körper ein in seiner Dosis permanent schwankendes Medikament zu und riskieren belastende Nebenwirkungen“, sagte Professor Dr. Michael Schäfer, Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft.
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