05.01.2012
Die Diskussion um generell weibliche oder männliche Eigenschaften scheidet die Geister. Männer seien durchsetzungsstärker, Frauen empfindsamer, heißt es immer wieder. Studien, die sich mit dem Thema befasst haben, konnten bisher allerdings keinen großen Unterschied im Charakter von Frauen und Männern finden. Das aber, so die italienischen Wissenschaftler, habe nur daran gelegen, dass man die Charaktereigenschaften falsch ausgewertet habe. Oft seien verschiedenste Wesenszüge zu einem großen Charakterkomplex zusammengezogen worden. So wäre beispielsweise die Anpassungsfähigkeit, bei der meist Frauen die Nase vorn haben, und die Dominanz, bei der eher die Männer hervorstechen, unter dem Charakterkomplex Extroversion in einen Topf geworfen worden. Daher würden sie zu einem Mittelwert verschmelzen und suggerieren, es gäbe keinen Unterschied zwischen Männern und Frauen.
Die italienischen Experten haben daher 15 Persönlichkeitsmerkmale einzeln beurteilt: Neben der Wärme, emotionaler Stabilität, Empfindsamkeit, Selbstgenügsamkeit, Regelbewusstsein und sozialer Kompetenz waren das noch die Dominanz, Lebhaftigkeit, Wachsamkeit, Abgehobenheit, Zurückgezogenheit, Besorgtheit, Offenheit für Veränderungen, Perfektionismus und Anspannung. Dann zogen die Forscher Daten aus einer amerikanischen Befragung von 1993 heran, in der 5.000 Männer und 5.000 Frauen sich dazu geäußert hatten, wie stark diese Eigenschaften bei ihnen ausgeprägt sind.
Wie erwartet waren Empfindsamkeit, Wärme und Besorgtheit bei den Frauen stärker vorhanden, wogegen Männer höhere Werte bei Stabilität, Dominanz, Regelbewusstsein und Wachsamkeit hatten. Allerdings waren die Unterschiede deutlich stärker als angenommen. Bei den einzelnen Eigenschaften gab es Überschneidungen von nur etwa 10 Prozent. Und sogar wenn man die Charaktereigenschaft mit den größten Unterschieden, die Empfindsamkeit, außer Acht ließe, käme es nur zu einer Überschneidung von 24 Prozent zwischen Männern und Frauen, sagten die Forscher. Ihnen zufolge seien die charakterlichen Unterschiede zwischen Männern und Frauen bisher deutlich unterschätzt worden. Der kleine Unterschied ist eben doch nicht so klein wie gedacht.
KK