Das Phänomen kommt nicht allzu häufig vor, doch viele junge Eltern haben schon einmal vom Nachtschreck gehört. Denn wenn er auftritt, vergisst man ihn so schnell nicht wieder. "Beim Nachtschreck wacht ein Kind plötzlich auf, schreit oder weint fürchterlich und ist eine ganze Weile nicht zu beruhigen", erklärt Dr. Hermann Josef Kahl, Kinder- und Jugendarzt aus Düsseldorf. Etwa drei bis sechs Prozent der Kleinkinder sind davon betroffen: "Zu mir in die Praxis kommen häufig Eltern mit Kindern von ein bis zwei Jahren, die einen Nachtschreck hatten", berichtet Kahl. Generell trifft es die Kleinen aber häufig auch im Vorschulalter oder zum Schulwechsel.
Reizüberflutung meiden
Die Gründe des "Pavor nocturnus", wie der medizinische Fachbegriff lautet, kennen selbst die Experten noch nicht genau. Oft liegt allerdings eine Veranlagung in der Familie. "Möglicherweise hat das Kind etwas geträumt, das es geängstigt hat. Wir gehen davon aus, dass der Schreck so tief sitzt, dass sich das Kind darin verliert. Konkrete Auslöser kennen wir bislang jedoch noch nicht", erklärt Kahl.
"Eine Reizüberflutung kann allerdings bei einem Kind, das zum Nachtschreck neigt, verstärkend wirken." Wacht das Kind schreiend auf, heißt es für die Eltern zunächst Ruhe zu bewahren. "Nehmen Sie das Kind hoch oder setzen Sie sich daneben, streicheln Sie es und reden Sie beruhigend auf es ein", rät der Kinderarzt. "Dann ist der Spuk nach einer Weile vorbei." Gerade für Eltern, die den Nachtschreck zum ersten Mal erleben, erscheint die Zeit mitunter kein Ende zu nehmen. Meist handelt es sich aber nur um wenige Minuten. Hat sich das Kind beruhigt, schläft es wieder ein und wird sich am nächsten Tag nicht daran erinnern.
Unterstützung vom Kinderarzt
Sorgen müssen sich Eltern in der Regel keine machen. Denn der Nachtschreck steht nicht in Zusammenhang mit einer Störung, sondern könnte mit der Entwicklung des Zentralen Nervensystems zu tun haben. "Wenn der Nachtschreck häufiger vorkommt oder die Eltern unsicher sind, können sie aber jederzeit ihren Kinderarzt darauf ansprechen", betont Kahl. "Wir machen dann eine gründliche Untersuchung, und wenn sich weder entwicklungsneurologisch noch körperlich oder im sozialen und emotionalen Verhalten etwas Auffälliges zeigt, warten wir erstmal ab.«
Nur in sehr seltenen Fällen würden mittels eines EEGs (Elektroenzephalogramm) die Hirnströme gemessen. Diese Untersuchung diene allerdings normalerweise in erster Linie der Beruhigung, so der Experte.
Katrin Faßnacht-Lee