17.10.2017
Bei Menschen über 65 Jahre ist der Wert des Schilddrüsenhormons TSH, der anzeigt, ob eine Schilddrüsenfunktionsstörung vorliegt, meist höher als bei Jüngeren. Höher heißt jedoch nicht unbedingt, dass die Unterfunktion behandelt werden muss. Darauf weisen Experten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) in einer Presseinformation hin.
Für Erwachsene gilt ein TSH-Referenzbereich von etwa 0,4 bis 4,0 mU/l. „Erhöhte TSH-Werte sind häufig. Mediziner interpretierten sie oft automatisch als Schilddrüsenfunktionsstörung und ordneten sie als verborgene Schilddrüsenunterfunktion ein, sagt Professor Dr. Dr. med. Dagmar Führer, Mitglied im Beirat der DGE-Sektion Schilddrüse. Doch nicht immer steckt dahinter ein krankhafter Befund: „Vor allem bei älteren Menschen, bei denen der TSH-Wert aufgrund des Lebensalters ohnehin erhöht ist, bei denen die Symptome variabel sind und oft auch Begleiterkrankungen vorliegen, muss der behandelnde Arzt bei der Interpretation der Laborwerte den Faktor Alter mit einbeziehen“, so Führer. Sie leitet die Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel am Universitätsklinikum Essen.
Eine Studie mit über 700 Senioren, die vor Kurzem im New England Journal of Medicine veröffentlich wurde, zeigte, dass eine Behandlung der Unterfunktion das Befinden und die Lebensqualität der Studienteilnehmer nach einem Jahr kaum besserte. Zudem erklärt die Expertin, dass sich leicht erhöhte TSH-Werte bis 7 mU/l häufig spontan normalisieren. Für den klinischen Alltag bedeute das: Ein gering erhöhter TSH-Wert müsse erst einmal bestätigt werden. Das heißt, er sollte nach zwei bis drei Monaten kontrolliert werden; erst danach muss der Arzt abklären, ob eine ursächliche Schilddrüsenerkrankung vorliegt.
Wenn der TSH-Wert 10 mU/l übersteigt, besteht ein erhöhtes Risiko für Fettstoffwechselstörungen, Herz-Kreislauf-Ereignisse und eine beeinträchtigte Lebensqualität. Deshalb sei es sinnvoll, älteren Patienten, die an anderen Erkrankungen wie Bluthochdruck, Übergewicht, einer koronaren Herzkrankheit oder Diabetes leiden, ab diesem Wert Schilddrüsenhormone zu verschreiben. „Der zu erzielende Wert sollte altersbezogen eingestellt werden; also bei älteren Patienten durchaus auf TSH-Konzentrationen von 4 bis 6 mU/l“, rät Führer.
DGE/RF