Schreiende Babys sanft beruhigen

Wenn sich Babys nicht beruhigen lassen, bringt das die meisten Eltern zur Verzweiflung. Was hilft - und was nicht - erklärt eine Expertin.

Ein Schütteltrauma darf nicht unterschätzt werden.
Wenn das Baby nicht aufhören will zu schreien, sind viele Eltern verzweifelt und hilflos.
© Monkey Business - Fotolia

Kinderärztin Dr. Heidrun Thaiss, Leiterin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), liegt es sehr am Herzen zu verhindern, dass überforderte Eltern schreiende Säuglinge schütteln. "Viele wissen nicht, was sie ihren Kindern damit antun. 18 Prozent der Eltern sind der Meinung, das Kind will sie ärgern, wenn es schreit." Und 24 Prozent meinten irrtümlicherweise, Schütteln schade nicht. Dies ist das Ergebnis einer Befragung des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen, das bei der BZgA seinen Sitz hat.

Es gibt viele Gründe für das Schreien

Die Ursachen für das Schreien sind vielfältig: eine volle Windel, Hunger, Müdigkeit oder der Wunsch nach Zuwendung. "Babys haben keine andere Möglichkeit, als mit Schreien zu reagieren", erklärt die Ärztin. "Eltern sind erst besorgt und dann immer häufiger ratlos, verzweifelt oder wütend, wenn ihr Kind nicht aufhört zu brüllen." Im Affekt kommt es dazu, dass sie es packen und schütteln – "was vielen nachher leidtut", sagt Thaiss. Bis zu 200 solcher Fälle werden jährlich in Deutschland registriert, die Dunkelziffer ist hoch. Viele regionale Initiativen versuchen bereits, diese Ereignisse zu verhindern. Jetzt haben sich 23 Verbände, Vereine und Institutionen dem "Bündnis gegen Schütteltrauma" innerhalb des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen (NZFH) angeschlossen.

"Es geht uns darum, Eltern zu beraten, wie sie gegensteuern können. Zum Beispiel, indem sie das schreiende Kind an einem sicheren Ort unterbringen, etwa in ihrem Bett, und dann den Raum verlassen, um sich zu besinnen", erklärt Thaiss. Nach ein paar Minuten sei man in der Regel wieder in der Lage, nach dem Kind zu schauen, das inzwischen entweder aufgehört hat zu schreien oder sich dann beruhigen lässt. "Wenn nicht, können Eltern Hilfe holen, bei Freunden, Familienmitgliedern, Nachbarn, aber auch beim Kinderarzt oder der Hebamme." Profis in Schwangerschaftsberatungsstellen oder in sogenannten Schrei-Ambulanzen unterstützen Eltern, wenn ein sogenanntes Schreibaby bis zu drei Stunden lang keine Ruhe gibt. "Das ist selten, kann aber passieren, wenn die Kinder zum Beispiel Regulationsstörungen haben, weil sie sich auf die Welt außerhalb des Mutterleibs erst einstellen müssen oder der Darm noch nicht richtig funktioniert", erläutert Thais.

Nach drei Monaten häufig Besserung

Nach dem ersten Vierteljahr bessern sich Probleme mit dem Schreien zumeist. Die Folgen des Schüttelns können hingegen lebensgefährlich oder bleibend sein, weil Säuglinge ihren Kopf noch nicht selbst halten können. Schleudert er beim Schütteln hin und her, schlägt das Gehirn gegen den Schädelknochen. "Dadurch werden empfindliche Nerven und Blutgefäße verletzt, was in bis zu 30 Prozent der Fälle tödlich endet", warnt Thaiss.

Zwei Drittel der Babys mit einem Schütteltrauma haben anschließend Behinderungen, Seh- oder Sprachstörungen. "Diesen Hintergrund müssen sich Eltern bewusst machen. Wenn sie dennoch die Kontrolle über sich selbst verlieren und es passiert, sollten sie das Kind anschließend unbedingt in eine Klinik oder zum Kinderarzt bringen", betont die Expertin. "Besser ist es jedoch, es gar nicht so weit kommen zu lassen und rechtzeitig gegenzusteuern."

Natascha Plankermann

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