Dr. Frank Schäfer
|
05.10.2024
Viele Menschen gehen regelmäßig in die Sauna, um die Abwehrkräfte zu stärken. Das könnte tatsächlich helfen: Finnische Forscher konnten in einer Studie mit etwa 2000 Männern mittleren Alters einen positiven Einfluss des Saunierens auf Herz-Kreislauf-Leiden und Atemwegserkrankungen feststellen. Allerdings setzte das mindestens zwei, besser noch mehr als vier Saunagänge pro Woche voraus – eine gute Tradition in Finnland, hierzulande jedoch weniger üblich. Bestätigung in Sachen Sauna liefert auch eine kleinere Studie der Universität Wien mit insgesamt 50 Beteiligten.
Heiß und kalt im Wechsel
Und wie sieht es mit Wechselduschen aus? Untersucht wurde das unter anderem in einer größeren holländischen Studie mit etwa 3 000 Personen. Dabei sollten sich die Teilnehmer nach dem Warmduschen kurze Zeit kalt abbrausen. Eine Vergleichsgruppe duschte jedoch weiterhin nur warm. Am Ende zeigte sich, dass Kaltduschen die Zahl der Krankmeldungen im Beruf zwar um ein Drittel verringerte, allerdings blieb die Zahl der Krankheitstage gleich. Die Studienteilnehmer waren also alle etwa gleich lang krank, doch die Kaltduscher fühlten sich wohl trotzdem fit genug, um zu arbeiten. Eine ältere Studie der Hochschule Hannover konnte einen Rückgang der Erkältungskrankheiten mit kneippartigen Anwendungen zeigen, jedoch mit merklich weniger Studienteilnehmern.
Diese und andere Untersuchungen liefern Hinweise, dass gezielte Kältereize wie bei Wechsel duschen und kalten Güssen das Erkrankungsrisiko durch Infekte vermindern können, sichere Belege stehen aber noch aus. Menschen mit chronischen Erkrankungen etwa von Herz und Kreislauf fragen allerdings besser ihren Arzt, ob Wechselduschen, Kneippgüsse oder Saunagänge möglich sind. Für Gesunde spricht nichts dagegen, mit diesen Maßnahmen etwas für die Abwehrkraft zu tun.
Mehr Bewegung für weniger Erkältungen
Sport ist gesund, aber stärkt er auch die Abwehr gegen Erkältungserreger? Diesbezüglich zeigt sich ein uneinheitliches Bild. In einer Auswertung mehrerer kleinerer Studien fanden koreanische Forscher eine Tendenz dafür, dass Sport das Erkältungsrisiko senkt. Eine größere finnische Studie konnte das dagegen nicht bestätigen. Unstrittig bleibt jedoch, dass ausreichend Alltagsbewegung und Sport die Gesundheit auf so vielen Ebenen fördern, dass man aktiv werden beziehungsweise bleiben sollte. Das gilt für maßvolle Bewegungseinheiten.
Starke, anhaltende Überlastungen durch Sport oder körperliche Tätigkeiten verträgt das Immunsystem weniger gut. Beispielsweise steigt bei Leistungssportlern direkt nach Wettkämpfen die Infektanfälligkeit. Als moderat trainierender Freizeitsportler ist man davon jedoch kaum betroffen. Was man keinesfalls tun darf: erkältet oder gar fiebernd Sport treiben. Das stört die Genesung, und das Risiko für eine Entzündung des Herzmuskels steigt an.
Stärkende Vitamine und Mineralstoffe
Einigen Mineralstoffen und Vitaminen sagt man immunstärkende Effekte nach, etwa Vitamin C, Vitamin D oder dem Spurenelement Zink. Nicht immer aber sind diese eindeutig. Die Cochrane Collaboration − ein globales, unabhängiges Netzwerk, das sich für fachlich gut begründete Informationen zu Gesundheitsfragen einsetzt – hat sich mit Vitamin C und Erkältungen befasst. Die Experten fanden heraus, dass die vorbeugende Einnahme des Vitamins unter gewöhnlichen Umständen nicht beeinflusst, wie oft jemand eine Erkältung bekommt. Allenfalls dauert sie nicht ganz so lang und verläuft weniger schwer. Besser wirken Vitamin-C-Gaben anscheinend auf das Erkältungsrisiko von Menschen, die sich körperlich extrem fordern.
Für Präparate mit Vitamin D sind die Ergebnisse uneinheitlich. Eine Analyse mehrerer wissenschaftlicher Studien weltweit kommt jedoch zu dem Schluss, dass regelmäßige Vitamin-D-Gaben helfen, das Risiko für Atemwegsinfekte zu verringern. Das gilt besonders bei Menschen mit Vitamin-D-Mangel. Hier ist es wichtig, das Vitamin nicht dauerhaft in zu großen Mengen einzunehmen. Dauerhaft sollten nur Menschen mit einem erhöhten Risiko für Vitamin-D-Mangel entsprechende Präparate anwenden. Ärzte und Apotheker informieren dazu und zu passenden Dosierungen.
Um die Vitamin-D-Bildung auf natürlichem Wege anzukurbeln, verbringt man von Frühjahr bis Herbst am besten täglich eine gewisse Zeit im Freien. Im Winter scheint die Sonne hierzulande jedoch zu schwach, um genug Vitamin D zu bilden. Gesunde jüngere Menschen, die sich das Jahr über ausreichend im Freien aufhalten, kommen mit ihren Vitamin-D-Speichern aber halbwegs gut über den Winter.
Für viele Komponenten und Funktionen des Immunsystems braucht der Körper aber nicht nur Vitamine, sondern auch Spurenelemente wie beispielsweise Zink. Es gibt Hinweise, dass die Einnahme von Zinkpräparaten unter anderem die Dauer infektbedingter Erkrankungen um etwa ein Drittel vermindert. Experten empfehlen dazu, Zinkpräparate in einem Zeitraum von etwa 24 Stunden nach Einsetzen von Erkältungssymptomen anzuwenden. Bei erwiesenem Zinkmangel oder einer zinkarmen Ernährung kann man Zinkpräparate auch länger einnehmen, allerdings nicht in zu hoher Dosis und nicht ohne ärztlichen und apothekerlichen Rat. Zu hohe Mengen des Spurenelements können nämlich auf Dauer auch schaden, etwa indem sie die Aufnahme von Kupfer beeinträchtigen.
Um sich mit den meisten für das Immunsystem wichtigen Nährstoffen zu versorgen, leistet eine ausgewogene Ernährung einen wichtigen Beitrag. Grundregeln dazu liefert die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) auf ihrer Internetseite.
Pflanzliche Immunkur
Auch Heilpflanzen können einen Beitrag zur Immunstärkung leisten, beispielsweise der Purpursonnenhut, botanisch Echinacea genannt. Es gibt Presssäfte aus dem Kraut dieser Pflanze oder Extrakte aus den Wurzeln. Zudem kommt eine Kombination von Extrakten aus der Wurzel des Purpursonnenhutes, des Blassfarbenen Sonnenhutes, des Wurzelstocks der Färberhülse und der Blätter des Lebensbaumes zum Einsatz. In einer zusammenfassenden Analyse betrachtet die Cochrane Collaboration die Wirksamkeit von Sonnenhut-Präparaten allerdings mit einer gewissen Zurückhaltung. Es gebe Hinweise auf die vorbeugende Wirkung gegen Erkältungen, was die Therapie betreffe, bestehe jedoch noch weiterhin Forschungsbedarf. Wer Sonnenhut-Präparate einsetzen möchte, greift am besten auf geprüfte Präparate aus der Apotheke zurück.
Ausreichend Schlaf und Stressabbau
Forscher der Universität von Kalifornien in San Francisco untersuchten bei 164 Freiwilligen, wie sich die Schlafdauer auf das Risiko auswirkte, an einer Infektion mit Erkältungsviren zu erkranken. Die Virenlösung tropften sie den Teilnehmern in die Nase. In der Woche zuvor wurden die Schlafgewohnheiten der Testpersonen registriert. Wer in dieser Woche pro Nacht sechs oder weniger Stunden geschlafen hatte, wies nach der Virengabe ein viermal größeres Erkrankungsrisiko auf als diejenigen, die sieben und mehr Stunden geschlummert hatten. Schlafmangel verringert also mindestens die lokale Abwehr in der Nasenschleimhaut. Deshalb ist es sinnvoll, gerade in der Erkältungszeit genug zu schlafen.
In ähnlicher Weise untersuchten US-Forscher den Einfluss von Stress bei 276 freiwilligen Testpersonen. Sie wurden ebenfalls mit Lösungen von Erkältungsviren in der Nase infiziert. Außerdem stellten die Wissenschaftler fest, wie stark die Studienteilnehmer unter Stress litten und wie ihr Immunsystem auf das Stresshormon Kortisol reagierte. Kortisol hilft, das unspezifische Immunsystem bei akuten Infekten und Stressereignissen zu aktivieren. Es zeigte sich, dass bei gestressten Personen das Immunsystem weniger gut auf das Stresshormon reagierte und die Betroffenen häufiger erkrankten. Ein klares Ergebnis, und nicht das einzige, das den ungünstigen Einfluss von anhaltendem Stress auf die Immunabwehr zeigt. Daher der Rat: Versuchen Sie, Dauerstress abzubauen. Psychologische Beratung, Entspannungstechniken und Achtsamkeitstraining sind mögliche Hilfen dabei.
AHA+L: Seit Corona kennt jeder diese Formel
Alle genannten Maßnahmen helfen also in gewisser Weise, seltener zu erkranken. Eine weitere effektive Formel zum Schutz vor Viren, die während Corona-Pandemie besonders empfohlen wurde, ist AHA+L: Abstand zu anderen Personen halten, Hände regelmäßig und gründlich mit Wasser und Seife waschen, im Alltag eine Maske tragen und Innenräume häufiger lüften. Diese Maßnahmen helfen nicht nur dabei, das Risiko einer Ansteckung mit dem Coronavirus zu reduzieren, sondern schützen auch vor Erkältungs- und Grippeviren.
Ziehen Sie sich zudem immer ausreichend warm an. Dann haben Verkühlungen keine Chance. Diese senken nämlich die Abwehrkraft, wie eine Studie der britischen Universität Cardiff zeigte. Die sprichwörtliche „Erkältung“ gibt es also tatsächlich.