In der zurückliegenden Wintersaison schlug die Grippe in Deutschland besonders hart zu. Es wurden insgesamt etwa 88 000 Grippefälle an das Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin gemeldet, die Hälfte davon allein im Zeitraum von der 7. bis 10. Kalenderwoche zwischen Februar und März 2015. Seit Inkrafttreten des Infektionsschutzgesetzes im Jahr 2001 wurden dem RKI noch nie so viele Erkrankungsfälle gemeldet – mit Ausnahme des Jahres 2009, in dem sich die Schweinegrippe weltweit verbreitet hatte.
Wie viele Menschen in der letzten Saison an den Folgen einer Grippeerkrankung starben, ist zurzeit noch nicht abzusehen. Die Bestimmung der Grippetoten beruht auf einer Schätzmethode mit Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Dabei wird die durchschnittliche Zahl der erwarteten Todesfälle während einer Grippesaison von der Gesamtzahl der tatsächlichen Todesfälle abgezogen. Aufgrund dieser Art der Schätzung werden die Zahlen der zurückliegenden Saison erst für Herbst 2016 erwartet. Durchschnittlich sind es zwischen 8.000 und 11.000 Todesfälle durch die Grippe, doch tatsächlich schwankte die Zahl in den letzten 30 Jahren zwischen 0 im Winter 2000/2001 und knapp 30 000 in der Saison 1995/96.
Grippe fordert jedes Jahr viele Todesopfer
Die große Streuung ergibt sich aus den Erkrankungszahlen in der jeweiligen Saison und der Aggressivität des Virustyps, der zu der jeweiligen Zeit vorherrschend war. Experten befürchten, dass die Zahl der Grippe-Todesopfer für den Winter 2015/16 recht hoch ausfallen könnte. Einerseits liegt das an dem Virus-Subtyp A/H3N2. Er war für den überwiegenden Teil der Erkrankungen der vergangenen Saison verantwortlich und gilt unter Experten als Verursacher besonders schwerer Grippewellen.
Andererseits zeigte sich bereits während der Wintersaison, dass der Impfstoff nicht so gut schützte, wie man das erhofft hatte. Eine der drei Komponenten richtete sich zwar gegen den A/H3N2-Subtyp. Die Virusvariante, die dann tatsächlich im Umlauf war, hatte sich jedoch im Lauf der Zeit so stark verändert, dass das Impfserum den Körper nicht ausreichend davor schützen konnte.
Impfstoff wird jedes Jahr neu entwickelt
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat darauf reagiert: Jedes Jahr im Frühjahr bestimmt sie die Zusammensetzung des Impfstoffs für die neue Saison und deckt damit einen Großteil der zu erwartenden Virenstämme ab. Für den kommenden Winter wurden gegenüber dem letztjährigen Impfstoff zwei der drei Komponenten ausgetauscht, unter anderem wurde der H3N2-Bestandteil aktualisiert.
Das RKI empfiehlt die Impfung nicht nur Menschen über 60 Jahre. Auch Schwangeren, Menschen mit chronischen Krankheiten der Atmungsorgane, der Nieren, der Leber oder des Herz-Kreislauf-Systems sowie Diabetikern, HIV-Infizierten oder Berufstätigen im Gesundheitsbereich rät die Ständige Impfkommission (STIKO), sich immunisieren zu lassen. Die Krankenkassen folgen der STIKO und übernehmen die Kosten der Impfung für die genannten Risikogruppen.
Apotheker Rüdiger Freund