07.08.2018
Die Wissenschaftler hatten für die Studie zwei der größten menschlichen Hirnbiopsie-Kohorten des Stanley Medical Research Institute (USA) unter die Lupe genommen. Bei Patienten mit bipolaren und schweren depressiven Störungen fanden sie in Nervenzellen, den sogenannten Purkinje-Neuronen, eine hohe Infektionsrate mit dem menschlichen Herpesvirus HHV-6. Bei dem Ergebnis handle es sich um den ersten wissenschaftlichen Hinweis, dass Viren des Typs HHV-6 Nervenzellen infizieren und möglicherweise psychische Störungen verursachen können, sagt Dr. Bhupesh Prusty von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Purkinje-Zellen seien ein wichtiger Bestandteil des menschlichen Kleinhirns, das in erster Linie für motorisches Lernen und die Feinsteuerung von Muskelspannung und Bewegungen zuständig ist, aber auch Gefühle, Wahrnehmung, Gedächtnis und Sprache beeinflusst.
Neben erblichen Faktoren habe es immer wieder auch Hinweise darauf gegeben, dass Umweltfaktoren bei psychiatrischen Erkrankungen eine Rolle spielen können – vor allem, wenn sie in jungen Jahren eine Entzündung im Nervensystem verursachen. Viren seien solch ein Umweltfaktor, so Prusty. „Viren können die Entwicklung von Nervenzellen stören und die Interaktion mit dem Immunsystem in wichtigen Entwicklungsstadien behindern“, erklärt der Wissenschaftler. Wenn solch eine Infektion in der frühen Kindheit auftrete, gehe sie zwar in den meisten Fällen spurlos vorüber. Allerdings verharrten die Viren in verschiedenen Organen und Geweben, einschließlich des zentralen Nervensystems und der Speicheldrüsen, und würden unter bestimmten Umständen auch nach Jahren wieder aktiv. In einem nächsten Schritt wollen die Würzburger Wissenschaftler nun den molekularen Mechanismus entschlüsseln, mit dem die Herpesviren Schäden an den Nervenzellen verursachen.
HH